Spannung vor Abstimmung über Finanzpaket in Deutschland
Das Milliarden-Finanzpaket von Christ- und Sozialdemokraten steht am Dienstag im Bundestag und am Freitag im Bundesrat zur Abstimmung.

Showdown für das Milliarden-Finanzpaket von Christ- und Sozialdemokraten in Deutschland: An diesem Dienstag stehen die dafür erforderlichen Verfassungsänderungen im Bundestag zur Abstimmung, am Freitag dann im Bundesrat.
Im Parlament wie in der Länderkammer ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. In beiden Fällen ist sie nicht garantiert. Auch das Bundesverfassungsgericht könnte das Vorhaben noch stoppen. Dort sind weitere Eilanträge von Abgeordneten eingegangen, die die kurze Beratungszeit rügen und eine Verschiebung der Abstimmung durchsetzen wollen.
Was zur Abstimmung steht
Die konservative Union (CDU/CSU) und die sozialdemokratische SPD, die derzeit Koalitionsverhandlungen führen, hatten sich am vergangenen Freitag nach langem Ringen mit den Grünen verständigt, die für die Zweidrittelmehrheit im Bundestag gebraucht werden. Sie wollen Deutschlands Grundgesetz an mehreren Stellen ändern lassen:
Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts – also gemessen am BIP 2024 etwa 43 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber hinaus kann aus Krediten bezahlt werden.
Die Bundesländer sollen mehr Spielraum für die eigene Verschuldung bekommen. Zudem soll im Grundgesetz ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität verankert werden. Es wird von der Schuldenbremse ausgenommen und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert. Davon sind 100 Milliarden Euro für die Länder und weitere 100 Milliarden Euro für Massnahmen zum Klimaschutz vorgesehen.
Abstimmung im Bundestag
Die Fraktionen wollen die Sitzung des Bundestages am Nachmittag und Abend vorbereiten. Zum Teil sollte es auch eine Probeabstimmung geben. Union, SPD und Grüne haben zusammen 31 Abgeordnete mehr als sie für die Zweidrittelmehrheit brauchen.
Im neuen Parlament, das sich nach der Bundestagswahl vom 23. Februar am 25. März konstituiert, werden sie keine Zweidrittelmehrheit mehr haben. Problematisch ist, dass die Frage noch vom alten Bundestag entschieden werden soll – also auch von vielen Abgeordneten, die dem neuen Parlament gar nicht mehr angehören werden und sich daher unter Umständen weniger an die Fraktionsdisziplin gebunden fühlen.
So kündigte der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja bereits an, dass er das Finanzpaket im Bundestag nicht mit absegnen werde. «Ich habe meiner Fraktion gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass ich dieser Grundgesetzänderung nicht zustimmen kann», sagte der scheidende Berliner Bundestagsabgeordnete dem Nachrichtenportal «The Pioneer». Diese sei «nicht generationengerecht, und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich».
Grünen-Spitze wirbt um Zustimmung
Die Grünen-Spitze warb um Zustimmung zu dem gefundenen Kompromiss. Durch die Verhandlungen der Grünen-Fraktionsspitze mit Union und SPD sei das Paket besser geworden, sagte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck am Rande eines Treffens mit den EU-Energieministern in Brüssel. «Es sind wichtige Vereinbarungen erzielt worden.»
Es sei eine «Frechheit gewesen, dass man der deutschen Öffentlichkeit ein Infrastrukturpaket als zusätzliche Massnahmen hat verkaufen wollen und in Wahrheit nur die eigenen Wahlgeschenke damit finanzieren wollte». Das sei aber abgewendet worden, das Paket sei nun «gut oder gut genug», sagte Habeck.
Abstimmung im Bundesrat
In der Länderkammer Bundesrat sind 46 der 69 Stimmen für die Grundgesetzänderungen nötig. Landesregierungen, an denen nur CDU, SPD und Grüne beteiligt sind, kommen auf 41 Stimmen. Mit den sechs Stimmen aus Bayern, wo die CDU-Schwesterpartei CSU regiert, wäre die Zustimmung sicher.
Allerdings zeigten sich die in dem südlichen Bundesstaat mit der CSU regierenden Freien Wähler zuletzt skeptisch. Am Nachmittag trifft sich dem Vernehmen nach der Koalitionsausschuss beider Parteien, um über das Abstimmungsverhalten Bayerns in der Länderkammer zu beraten. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte aber bereits am Sonntagabend in der ZDF-Sendung «Berlin direkt»: «Gehen Sie mal davon aus, dass Bayern am Ende zustimmen wird.»
Klagen beim Bundesverfassungsgericht
Die parteilose, frühere AfD-Abgeordnete Joana Cotar erhob zum zweiten Mal Einspruch beim Bundesverfassungsgericht und beantragte, die Abstimmung zu verschieben. Mit demselben Ziel wollen drei FDP-Abgeordnete einen Eilantrag bei dem Gericht in der Stadt Karlsruhe stellen. Sie argumentieren, die Beratungszeit für das Schuldenpaket reiche nicht aus.
Die Verfassungsrichter hatten am Freitag bereits mehrere Anträge verworfen, die darauf abzielten, die entscheidende Sitzung des Bundestages abzusagen. Auch Eilanträge gegen die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens blieben erfolglos.
Nach Gerichtsangaben vom Freitag waren aber noch drei weitere Organstreitverfahren und vier Verfassungsbeschwerden anhängig. Darunter eine der Linken, die ebenfalls das stark beschleunigte Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Grundgesetzes moniert.