Stillstand im Streit um Raser-Fahrverbote
Die Grünen fordern den schon verabredeten Bussgeldkatalog zurück, CDU und SPD werben für einen Kompromiss. Derzeit bewegt sich keine Seite, der Streit um schärfere Strafen unter anderem für Raser ist festgefahren. Das dürfte sich bis auf weiteres nicht ändern.
Das Wichtigste in Kürze
- Die festgefahrene Debatte um schärfere Fahrverbote für Raser steckt seit Wochen in einer Sackgasse.
Und es sieht nicht so aus, als fänden die zerstrittenen Parteien in den kommenden Wochen eine Lösung in der Hängepartie um die neue Strassenverkehrsordnung und härtere Strafen für Raser.
Eine Einigung vor der Abstimmung im Bundesrat Mitte September zeichne sich nicht ab, sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Daher laufe alles auf ein Patt in der Länderkammer hinaus, weil die Grünen einen Kompromissvorschlag von CDU und SPD ablehnten.
Die CDU warf Hermann eine riskante Blockadehaltung vor. Der vorliegende Kompromissvorschlag, der von CDU, CSU und dem überwiegenden Teil von SPD und FDP getragen werde, könne direkt nach der Sommerpause beschlossen werden, sagte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl der dpa. «Aber es gibt eine Blockade und Verweigerungshaltung der Grünen.» Sein Kabinettskollege Hermann habe es bislang zudem nicht für notwendig gehalten, eine Position in der Landesregierung und der Koalition abzustimmen.
Hermann ist ebenso wie die grünen Verkehrsminister anderer Bundesländer für härtere Strafen gegen Raser. Diese hatte auch die Ende April in Kraft getretene neue Strassenverkehrsordnung (StVO) und mit ihr ein neuer Bussgeldkatalog eigentlich vorgesehen. Allerdings waren die Regeln wegen eines Formfehlers von den Ländern ausser Vollzug gesetzt worden. Einkassierte Führerscheine wurden wieder zurückgegeben.
Umstritten ist nun, ob zunächst nur der Formfehler korrigiert werden soll, das wollen die Grünen - oder ob auch die härteren Strafen für Raser gemildert werden sollen. Das wollen vor allem unionsgeführte Länder sowie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Sie sehen die neuen Fahrverbotsregeln als unverhältnismässig an und warnen vor möglichen verfassungsrechtlichen Risiken. Über einen Ausweg aus dieser Sackgasse wird seit Wochen gerungen.
Nach Angaben Hermanns ist der Kompromissvorschlag im Verkehrsausschuss des Bundesrates gegen die Stimmen der von den Grünen mitregierten Länder und Thüringens angenommen worden. Im Umweltausschuss am Donnerstag (3.9.) erwartet der Verkehrsminister dagegen ein anderes Abstimmungsergebnis. Die von den Grünen geführten Verkehrsressorts der Länder, die Hermann koordiniert, blieben bei ihrer Haltung, sagte er. «Wir vertreten eindeutig unsere Position und versuchen diese auch so lange wie möglich zu halten.» Scheiterten die Grünen auch formal, müsse wieder verhandelt werden. «Und dann wissen wir auch, dass wir einen Kompromiss machen müssen.»
Trotz der Position der Grünen dringt die SPD im Streit weiter auf eine Verständigung über den Bundesrat. Sie befürworte den mit der Union ausgehandelten Vorschlag, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, Kirsten Lühmann, der Deutschen Presse-Agentur.
Demnach solle ein Fahrverbot bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 Kilometern pro Stunde innerorts künftig etwa vor Schulen und Kindergärten drohen. Anderswo solle das Fahrverbot für zwölf Monate «auf Bewährung» ausgesetzt werden. Zudem sollten die Bussgelder für Geschwindigkeitsverstösse deutlich steigen. Lühmann regte zusätzlich an, die besonders geschützten Stellen auch auf Seniorenwohnanlagen auszudehnen und die Bewährungsfrist noch zu verlängern.
Nach der von Hermann unterstützten Novelle würde generell ein Monat Führerscheinentzug drohen, wenn man innerorts 21 km/h zu schnell fährt oder ausserorts 26 km/h zu schnell. Zuvor lagen die Grenzen bei Überschreitungen von 31 km/h im Ort und 41 km/h ausserhalb. «Es kommen sieben von zehn Fussgängern ums Leben, wenn sie bei Tempo 50 angefahren werden. Bei Tempo 30 stirbt einer», verteidigte Hermann auch am Mittwoch seine Position.
Der ADAC forderte die zerstrittenen Parteien auf, sich aufeinander zu zu bewegen. «Wenn der Kompromiss keine Mehrheit findet, dann stehen wir wieder ganz am Anfang», sagte ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. «Verlierer wäre die Verkehrssicherheit und mit ihr die Menschen, um deren Schutz es doch schliesslich geht.»