Am Wochenende hat Russland die ukrainische Millionenstadt Odessa erneut schwer angegriffen. Jens Stoltenberg fordert deshalb ein Treffen des Nato-Ukraine-Rats.
Jens Stoltenberg
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einer Pressekonferenz vor dem Nato-Gipfel in Vilnius. Foto: Mindaugas Kulbis/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Mindaugas Kulbis

Das Wichtigste in Kürze

  • Schon wieder bombardiert Russland das ukrainische Odessa schwer.
  • Die meisten Angriffe zielen auf die Getreidelager der Hafenstadt ab.
  • Stoltenberg beruft daher für Mittwoch ein Treffen des neuen Nato-Ukraine-Rats ein.
Ad

Russland hat die ukrainische Millionenstadt Odessa am Schwarzen Meer am Wochenende wieder mit schweren Angriffen überzogen. Dabei wurden nach ukrainischen Angaben in der Nacht zum Sonntag mindestens ein Mensch getötet und 22 verletzt.

Getroffen wurde auch die als Weltkulturerbe eingestufte Altstadt. Dort beschädigte eine Rakete die orthodoxe Verklärungskathedrale schwer. Präsident Wolodymyr Selenskyj drohte Moskau mit Vergeltung.

Die EU verurteilte die Angriffe auf die Hafenstadt, über die bis vor kurzem noch Getreide ausgeführt wurde, als Kriegsverbrechen.

Ukraine will besetzte Gebiete zurückerobern

Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert an diesem Montag bereits genau 17 Monate. Die Schwarzmeer-Halbinsel Krim hält Russland bereits seit 2014 völkerrechtswidrig besetzt.

Seit mehreren Wochen ist eine ukrainische Gegenoffensive zur Rückeroberung besetzter Gebiete in Gang. Diese kommt jedoch nicht so schnell voran wie vielfach erhofft.

Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte die Gegenoffensive bei einem Treffen mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko sogar schon für «gescheitert».

Meiste Angriffe zielen auf Getreidelager

Die Angriffe auf Odessa dauern bereits mehrere Tage. Moskau zerstört dort insbesondere Getreidelager – unter dem Vorwand, auf militärische Anlagen zu zielen.

Odessa
Nach einem russischen Luftangriff auf Odessa Mitte Juni löschen Feuerwehrleute einen Brand in einem Lagergebäude. Nun hat Russland die Schwarzmeerstadt erneut angegriffen. - dpa

Odessa war einer der Häfen, über die die Ukraine bis vor einer Woche im Rahmen eines internationalen Abkommens Getreide verschiffte. Russland liess diese Vereinbarung jedoch auslaufen. Und dies trotz Sorgen vor der Verschärfung von Hungersnöten vor allem in einigen afrikanischen und asiatischen Staaten.

Bei dem Angriff in der Nacht zum Sonntag wurde auch die Verklärungskathedrale schwer in Mitleidenschaft gezogen. Das Dach brach ein und auch im Inneren des Gebäudes gab es Zerstörungen.

Selenskyj droht mit Vergeltung

Der ukrainische Präsident hielt Moskau vor, Raketen auf friedliche Städte, Wohngebäude und Kirchen zu feuern. «Wie immer wird auch dieses Böse verlieren. Und es wird für Odessa definitiv eine Vergeltung gegen die russischen Terroristen geben.»

ukraine krieg
Selenskyj: Brauchen Waffen gegen russische Offensive. (Archivbild) - Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

Zudem drohte er Russland abermals mit der Zerstörung der 19 Kilometer langen Brücke auf die Halbinsel Krim. Sie wurde zuvor schon zwei Mal schwer beschädigt.

Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell hielt dem Kreml «Kriegsverbrechen» und «Raketenterror» vor. Beim Versuch, die Ukraine zu zerstören, habe Russland schon Hunderte Kulturstätten beschädigt.

Stoltenberg beruft Nato-Ukraine-Rat ein

Auf Bitten der Ukraine berief Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für Mittwoch ein Treffen des neuen Nato-Ukraine-Rats ein. Dabei soll es auch um Möglichkeiten gehen, wie der Transport von ukrainischem Getreide durchs Schwarze Meer weitergehen kann.

Das internationale Getreideabkommen hatte der Ukraine trotz des Krieges den Export ermöglicht. Es konnten seit vergangenem Sommer fast 33 Millionen Tonnen Getreide und Lebensmittel über den Seeweg in andere Länder verkauft werden. Russland hat das Abkommen kürzlich aufgekündigt.

Putin und Lukaschenko reden Gegenoffensive klein

Unterdessen empfing Putin zum wiederholten Mal den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, seinen engsten Verbündeten. Die beiden besuchten am Sonntag unweit der russischen Ostsee-Metropole St. Petersburg ein Museum zu Ehren der russischen Marine.

Einmal mehr redeten sie die ukrainische Gegenoffensive klein. Lukaschenko sagte: «Es gibt keine Gegenoffensive.» Putin erwiderte: «Es gibt sie. Aber sie ist gescheitert.»

Russland konzentriert sich auf Nordosten

Nach britischer Einschätzung misst Russland dem Nordosten der Ukraine grössere Bedeutung bei. Dagegen stehe es anderswo gehörig unter Druck. Im Norden der Frontlinie sei es in den vergangenen Tagen zu zunehmendem Artilleriefeuer gekommen. Dort befinden sich die ostukrainischen Gebiete Luhansk und Charkiw.

Das teilte das Verteidigungsministerium in London mit. «Seine erneute Aktivität im Norden unterstreicht dessen Bedeutung für den Kreml.» Gleichzeitig sei Russland im südlichen Bereich Saporischschja erheblichem Druck ausgesetzt.

Russischer Journalist durch Streumunition getötet

Am Samstag gerieten in der Ukraine an zwei Orten auch Journalisten unter Beschuss. Ein Korrespondent der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti kam im Süden des Landes durch Beschuss mit Streumunition ums Leben. Dies teilte Moskau mit.

Kurz darauf wurde ein Kameramann der Deutschen Welle im Osten durch russischen Beschuss verletzt.

Die Ukraine setzt inzwischen auch Streumunition ein, die sie aus den USA geliefert bekam. Der Einsatz solcher Bomben wird von mehr als hundert Staaten geächtet, auch von Deutschland. Russland wiederum setzt diese Art der Munition bereits seit Monaten im Zuge seines Angriffskriegs ein.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Jens StoltenbergWladimir PutinLebensmittelKremlEUNATO