Suche nach Auslöser für Fischsterben hält an - Hinweis auf Giftstoff
Bei der Untersuchung des Fischsterbens in der Oder haben sich erste Hinweise auf einen hoch giftigen Stoff ergeben.
Das Wichtigste in Kürze
- Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) kritisierte fehlende Informationen der polnischen Behörden und bat um Aufklärung.
Bei der Untersuchung des Fischsterbens in der Oder haben sich nach Angaben des brandenburgischen Umweltministeriums erste Hinweise auf einen hoch giftigen Stoff ergeben. Die polnische Umweltschutzbehörde berichtete am Donnerstag, Auslöser sei wahrscheinlich eine Verschmutzung durch die Industrie. Das ganze Ausmass des massiven Fischsterbens entlang des Flusses war noch ungeklärt.
«Man muss festhalten, dass die Meldeketten zwischen der polnischen und der deutschen Seite in diesem Fall nicht funktioniert haben», sagte er.
Zu dem Fischsterben ermittelt nun auch das Landeskriminalamt (LKA). Behörden werteten Proben aus. Weitere Ergebnisse soll es laut Ministerium in Potsdam am Freitag geben. Offizielle Warnungen, Kontakt mit dem Wasser aus der Oder zu meiden, blieben bestehen.
Das brandenburgische Umweltministerium teilte am späten Donnerstagnachmittag dann mit, es zeichne sich ab, dass ein noch unbekannter, hoch toxischer Stoff die Oder durchlaufe. Erste Analyse-Ergebnisse zeigten übereinstimmend, dass vor einigen Tagen eine starke Welle organischer Substanzen durch Frankfurt an der Oder gegangen sei und sich seitdem flussabwärts fortsetze, aktuell bis Schwedt. Die Auswirkungen auf das Ökosystem liessen auf synthetische chemische Stoffe, sehr wahrscheinlich auch mit toxischer Wirkung für Wirbeltiere schliessen.
Die stellvertretende Leiterin der polnischen Umweltschutzbehörde, Magda Gosk, sagte: «Alles deutet darauf hin, dass die Verschmutzung der Oder, die zum Sterben zahlreicher Fische geführt hat, industriellen Ursprungs sein könnte.» Die Behörde versuche, mit Drohnenüberflügen potenzielle Verschmutzungsquellen aufzuspüren und festzustellen, wie der Zustand des Flusses sei. Man untersuche, um welche Substanz es sich handele und «vor allem, wer diese Substanz wo in die Oder eingeleitet hat», sagte Gosk weiter.
Einen Gesamtüberblick über die Zahl der verendeten Fische in Polen und Deutschland gibt es laut brandenburgischen Behörden bisher nicht. Der Chef der polnischen Wasserbehörde, Przemyslaw Daca, sagte am Donnerstag, Mitarbeiter seiner Behörde, Angler und freiwillige Helfer hätten insgesamt zehn Tonnen verendeter Fische geborgen. «Das zeigt, dass wir es mit einer gigantischen und entsetzlichen Umweltkatastrophe zu tun haben.»
Das Fischsterben in der Oder, die derzeit Niedrigwasser führt, beunruhigt seit Tagen die Menschen in Brandenburg an der Grenze zu Polen. Fischermeister Henry Schneider aus dem Kreis Oder-Spree sagte: «Sowas haben wir noch nicht erlebt. Tote Fische sind überall zu sehen. Es sind viele.» Die Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Antje von Brook, kritisierte: «Diese ökologische Katastrophe hätte kein solches Ausmass, wenn deutsche und polnische Behörden intensiver zusammengearbeitet hätten.» Eine umfassende politische Aufarbeitung sei nötig.
Das brandenburgische Landesamt für Umwelt teilte mit, dass es keine offizielle Meldung von polnischer Seite erhalten habe. Aber auch in Polen selbst gibt es Vorhaltungen, die Bevölkerung sei nicht gewarnt worden, dass sie etwa keine Fische aus der Oder essen und nicht im Fluss baden soll. Bereits Ende Juli waren in Polen tote Fische gefunden und Wasserproben entnommen worden.
Derweil soll die Entsorgung der Kadaver an den Ufern der Oder vorbereitet werden. Das kündigte der Kreis Märkisch-Oderland am Donnerstag an. Vögel und Schlangen, die Aas fressen, werden angelockt, wie ein Sprecher sagte. Die Bevölkerung solle aber nicht selber Kadaver aufsammeln, die Entsorgung solle koordiniert ablaufen.
In Polen zeigte der Fernsehsender TVN24 am Donnerstag Bilder von Freiwilligen, die massenweise tote Fische aus dem Fluss holten. Einer der Helfer beklagte, nach der Berührung mit dem Wasser habe er an den Händen rötliche Hautreizungen bekommen. Die Helfer sollen bei ihrer Arbeit Unterstützung von der polnischen Armee bekommen.
In Brandenburg riefen neben der Stadt Frankfurt (Oder) und dem Kreis Märkisch-Oderland auch die Kreise Oder-Spree, Uckermark und Barnim dazu auf, direkten Kontakt mit dem Wasser der Oder und damit verbundenen Gewässern zu vermeiden. Mit dem Fischsterben ist auch der Badespass an der Oder tabu. Die Flussbadestelle in Schwedt etwa wurde vorsorglich gesperrt. Die Warnungen für die Bevölkerung vor Kontakt mit dem Wasser kamen auch über offizielle Warn-Apps.