Terror: So ticken Islamisten, die in Europa Anschläge verüben
Das Hamas-Massaker in Israel inspiriert Täter in Europa zu Terror. Viele von ihnen stecken in einer Lebenskrise – und wollen sich an der Gesellschaft rächen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Zuspitzung des Nahostkonflikts führt auch in Europa zu islamistischem Terror.
- Besonders junge Männer aus prekärem Umfeld stellen ein Risiko dar.
- Ein Experte erklärt: Viele Täter «stecken in einer Lebens- und Zielkrise».
Nach dem Massaker der Hamas in Israel ist es in Europa gleich zu mehreren Anschlägen und Bombendrohungen gekommen. Ein 20-Jähriger erstach einen Lehrer an einer nordfranzösischen Schule. Kurz darauf wurden zwei schwedische Fussball-Fans von dem Islamisten Abdesalem Lassoued (†45) in Brüssel erschossen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Europa von islamistischem Terror heimgesucht wird: In den 2010er-Jahren gab es zahlreiche Anschläge.
Die Täter weisen häufig ähnliche Eigenschaften auf. Und ähnliche Faktoren führen zu ihrer Radikalisierung und dem Entscheid, Menschen zu töten, wie der österreichische Terrorexperte Nicolas Stockhammer erklärt.
«Es sind besonders oft Männer zwischen 17 und 25 Jahren aus einem prekären Umfeld», sagt er zu Nau.ch. «Viele von ihnen stecken in einer Lebens- und Zielkrise, haben beruflich oder in der Ausbildung wenig Erfolg.»
Täter oft vor Terror schon kleinkriminell
Andere Aspekte, die wesentlich seien: «Täter fallen oft schon vor dem Terror mit Kleinkriminalität auf. Es sind Personen mit einer niedrigen Hemmschwelle, Gewalt auszuüben.»
Häufig seien die späteren Täter zudem schlecht in die westliche Gesellschaft integriert, in der sie leben. «Kapselt sich jemand von der Aussenwelt ab, begünstigt das eine Radikalisierung.»
Hier sieht Stockhammer zwar die Länder in der Pflicht – gibt aber auch zu bedenken: «Integration ist eine Hol- und eine Bringschuld. Die Länder müssen versuchen, Personen mit Migrationshintergrund zu integrieren – aber wenn jemand nicht will, bringt alles nichts.»
«Islamisierung durch das Schwert»
Die grosse Gemeinsamkeit vieler Attentäter ist aber ihr Motiv. «Das Ziel der Dschihadisten ist eine Islamisierung unserer Gesellschaften. Sie wollen zudem die muslimische Welt von westlichen Besatzern ‹befreien›.» Ihrer Wahrnehmung nach bestehe diese Besetzungslage weiterhin – etwa durch «Marionettenregimes» in Teilen Afrikas und in der Levante.
Zudem wollten sie die Scharia, also den Gesetzen nach dem Koran, über das weltliche Recht stellen. «Zusammengefasst heisst das: Sie fordern eine stärkere Rolle der Muslime im Westen nach strengen Glaubensgrundsätzen mit weltlicher Wirkung. Nur wollen sie das mit Gewalt erreichen – Islamisierung durch das Schwert sozusagen.»
Auch auf persönlicher Ebene wiederholen sich die Motive für den Terror, wie Stockhammer sagt. «Oft wollen sich die Täter für ein Unrecht rächen, das ihnen vermeintlich oder tatsächlich widerfahren ist. Sie fühlen sich geschwächt, ausgegrenzt und isoliert.»
Da spiele auch Rassismus eine Rolle. «Islamophobie ist natürlich ein Thema, das in Europa existiert. Deshalb können sich Täter ausgegrenzt fühlen – aber das Problem wird von ihnen massiv überbetont.»