Tödliche Eskalation der Gewalt in syrischer Provinz Idlib

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Libanon,

In der letzten syrischen Rebellenbastion Idlib eskaliert die Gewalt: Bei neuen Luftangriffen der syrischen Regierungstruppen wurden allein am Mittwoch 15 Zivilisten getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte.

Rettungskräfte bergen Verletzte in Maarat al-Numan
Rettungskräfte bergen Verletzte in Maarat al-Numan - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Kurden übergeben 148 Frauen und Kinder an Usbekistan.

Damit gab es seit Beginn einer neuen Offensive Ende April über 270 zivile Tote. Die syrischen Kurden überstellten derweil fast 150 usbekische Frauen und Kinder von Dschihadisten in ihr Heimatland.

Die Truppen von Baschar al-Assad gehen seit einem Monat mit Unterstützung der russischen Luftwaffe gegen die dschihadistischen Milizen in Idlib vor. Allein bei Angriffen auf die Ortschaft Sardscha an der Frontlinie zwischen den Gebieten unter Kontrolle der Regierung und der von der Dschihadistenallianz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) kontrollierten Region wurden am Mittwoch sieben Zivilisten getötet, wie die Beobachtungsstelle mitteilte.

Seit Sonntag gab es bei Artillerie- und Luftangriffen über 50 Tote, erklärte die oppositionsnahe Organisation, die ihre Informationen von Aktivisten vor Ort bezieht. Für Medien sind sie kaum zu überprüfen.

Die US-Regierung verurteilte die «wahllosen Angriffe» auf Zivilisten und öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Märkte und Krankenhäuser. Dies sei eine «inakzeptable Eskalation», sagte eine Aussenamtssprecherin am Dienstag.

Nach UN-Angaben wurden seit Ende April 270.000 Menschen durch die Kämpfe vertrieben. Sollten die Gefechte andauern, könnten die Hilfsorganisationen zur Einstellung ihrer Arbeit gezwungen sein, warnte eine UN-Vertreterin vor dem UN-Sicherheitsrat. Der syrische UN-Botschafter Baschar al-Dschaafari bekräftigte aber die Entschlossenheit der syrischen Regierung, Idlib «aus dem Griff der Terroristen zu befreien».

Viele Experten glauben allerdings nicht, dass die Angriffe der Beginn einer Grossoffensive zur Rückeroberung von Idlib sind. Vielmehr gehe es um die Einnahme kleinerer Randgebiete. «Die Einnahme des ganzen Gebiets wäre eine riesige Operation, der sich die Türkei sicher widersetzen würde», sagte der Experte Aron Lund. Eine Grossoffensive würde hunderttausende Flüchtlinge zur türkischen Grenze treiben.

Die syrischen Kurden übergaben derweil 148 usbekische Frauen und Kinder von Anhängern der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) an die Behörden ihres Landes. Sie brachen am Mittwoch in Bussen von Kamischli in die kurdische Autonomieregion im Nordirak auf. Von dort sollen sie nach Usbekistan gebracht werden. In kurdischen Nordosten Syriens leben insgesamt 12.000 ausländische Frauen und Kinder von IS-Kämpfern in Lagern.

Seit dem Fall der letzten IS-Bastion befinden sich zusätzlich tausende ausländische IS-Kämpfer in kurdischer Haft. Die Kurden drängen die Heimatländer, die Dschihadisten und ihre Angehörigen zurückzunehmen. Viele Länder machen bisher aber keine Anstalten. Auch die Bundesregierung lehnt eine Rücknahme mit dem Argument ab, dass die Kurdenregion kein Staat sei, mit dem sie kooperieren könne.

Ein jesidischer Verband stellte daher Strafanzeige gegen Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wegen Strafvereitelung im Amt. Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats wirft der Bundesregierung vor, keine Schritte zu unternehmen, um in Nordsyrien inhaftierte deutsche Dschihadisten in Deutschland für ihre Verbrechen vor Gericht zu stellen.

Die Eltern von in Syrien inhaftierten mutmasslichen Dschihadisten forderten ihrerseits von Seehofer in einem offenen Brief mehr Unterstützung bei der Rückholung ihrer Kinder. Sie beriefen sich auf das Grundrecht auf eine Rückkehr ins Heimatland, wie der SWR berichtete. Wer sich strafbar gemacht habe, müsse vor Gericht gestellt werden, schrieben sie. Die Zustände in den Lagern seien «katastrophal».

Im Irak wurden unterdessen in den vergangenen Tagen sieben französische Dschihadisten von einem Gericht zum Tode verurteilt. Auch ein Tunesier erhielt wegen IS-Mitgliedschaft die Todesstrafe. Die französische Regierung will die Vollstreckung der Urteile verhindern, lehnt eine Rücknahme ihrer Staatsbürger aber ab. Die Franzosen waren in Syrien festgenommen und im Januar an den Irak übergeben worden.

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