Tory-Belästigungsskandal: Johnson wusste doch über Vorwürfe Bescheid
Boris Johnson kommt aus den Skandalen nicht mehr raus. Auch über Belästigungsvorwürfe gegen einen Tory-Abgeordneten wusste er Bescheid – seit 2019.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Regierung Johnson gerät wegen eines Belästigungsskandals unter Druck.
- Ein höherer Tory-Abgeordneter soll zwei Männer betrunken begrapscht haben.
- Johnsons Sprecher leugnete erst, davon gewusst zu haben. Jetzt behauptet er das Gegenteil.
Die britische Regierung gerät wegen des Skandals um sexuelle Belästigung durch ein führendes Tory-Fraktionsmitglied immer stärker in Bedrängnis. Ein Regierungssprecher räumte am Dienstag ein, dass Premierminister Boris Johnson bereits 2019 über Anschuldigungen gegen seinen konservativen Parteifreund Chris Pincher informiert worden sei. Bisher hiess es, Johnson seien keine konkreten Vorwürfe bewusst gewesen.
Zuvor hatte Ex-Staatssekretär Simon McDonald in einem beispiellosen Brief an die Beauftragte für die Einhaltung parlamentarischer Standards geschrieben, Johnson sei persönlich über Belästigungsvorwürfe gegen den ehemaligen Europa-Staatssekretär informiert worden.
Die Kehrtwende des Boris Johnson
Pincher hatte bereits mehrere Regierungs- und Parteiämter inne und war im Februar von Johnson zum sogenannten Vize-Whip ernannt worden. Die Aufgabe des Whips (Einpeitschers) ist es, für Fraktionsdisziplin zu sorgen.
In der vergangenen Woche trat Pincher zurück, nachdem Medien berichtet hatten, er habe zwei Männer im betrunkenen Zustand begrapscht. Inzwischen wurde auch seine Mitgliedschaft in der Fraktion ausgesetzt. Seitdem wurden weitere Anschuldigungen bekannt.
Johnsons Sprecher legte nun eine Kehrtwende hin. Mittlerweile habe sich herausgestellt, dass der Premier doch über frühere Vorwürfe gegen Pincher informiert worden sei, sagte er. Johnson habe sich daran zunächst nicht erinnern können, sagte der für das Kabinett zuständige Staatssekretär Michael Ellis später im Unterhaus. Mehrere Tory-Abgeordnete kritisierten das Vorgehen der Regierung in dem Fall deutlich.
Ex-Staatssekretär McDonald verteidigte sein Vorgehen. Der BBC sagte er, sein Brief sei zwar ungewöhnlich für einen pensionierten Beamten. Aber er betonte: «Ich habe das aus eigenem Antrieb gemacht, weil ich wusste, dass das, was ich in den vergangenen Tagen gesehen und gelesen habe, falsch ist.»