Tschechiens Trump putzt alle weg
Nach Polen und Ungarn siegt der Populismus nun auch in Tschechien: Multimilliardär Andrej Babis und seine Protestbewegung ANO werden stärkste Kraft im Parlament.
Das Wichtigste in Kürze
- Milliardär Andrej Babis und seine Partei gewinnen mit 29,6 Prozent die Wahlen in Tschechien.
- Auch die Piratenpartei und die rechtsextreme SPD schaffen den Einzug ins Parlament.
- Die bisherig stärkste Kraft im Parlament, die Sozialdemokraten, verloren mehr als 13 Prozent.
Mit einem satten Vorsprung auf die Konkurrenz hat der umstrittene Milliardär Andrej Babis die Parlamentswahl in Tschechien gewonnen. Der Populist kam mit seiner Protestbewegung ANO («Ja») auf 29,6 Prozent der Stimmen. Vor vier Jahren war die Partei mit 18,7 Prozent nur zweitstärkste Kraft geworden.
Zweitstärkste Kraft wurden die konservativen Bürgerdemokraten (ODS) mit 11,3 Prozent (plus 3,6 Punkte). Ihr Vorsitzender Petr Fiala schloss ein Bündnis mit Babis aus.
Die Sozialdemokraten (CSSD), die bisher den Regierungschef gestellt hatten, erlebten ein Debakel. Sie stürzten auf 7,3 Prozent ab (2013: 20,5 Prozent).
Rechtsradikale Partei holt über zehn Prozent
Für eine Überraschung sorgte die Piratenpartei: Sie wird mit 10,8 Prozent der Stimmen erstmals den Einzug ins 200-Sitze-Abgeordnetenhaus schaffen.
Stark zulegen konnte auch die rechtsradikale SPD - das Kürzel steht für Freiheit und direkte Demokratie. Sie kam auf 10,6 Prozent. Analysten sprachen von einem «politischen Erdbeben» und einem «Hurrikan».
Die Wahlbeteiligung war mit 60,8 Prozent etwa gleich hoch wie 2013. Das geht aus dem am Samstagabend veröffentlichten vorläufigen Endergebnis der Statistikbehörde CSU hervor.
Zweitreichste Tscheche warf Medien «Desinformationskampagne» vor
Der Ex-Finanzminister Babis will «den Staat wie ein Firma lenken» und wird in den Medien deshalb auch «der tschechische Donald Trump» genannt. Seinen Gegnern und den Medien warf der zweitreichste Tscheche eine «Desinformationskampagne» vor.
Der Wahlsieger ist Gründer eines Firmenimperiums, das bedeutende Tageszeitungen und den meistgehörten Privatradiosender umfasst. Kritiker vergleichen ihn daher mit US-Präsident Donald Trump oder dem Italiener Silvio Berlusconi.
Wird der Graben zwischen Ost und West noch tiefer?
In Europa dürfte nun die Angst vor einem wachsenden Graben zwischen dem westlichen und östlichen Teil der EU wachsen. Babis bezeichnete den österreichischen Wahlsieger Sebastian Kurz bereits als einen weiteren «Verbündeten» der Visegrad-Gruppe im Kampf gegen die EU-Flüchtlingspolitik. Zu den Visegrad-Vier zählen neben Tschechien auch Polen, Ungarn und die Slowakei.