Ukraine-Krieg: «Drohnen-Angriff auf leeren Kreml bringt nichts...»
Mittwoch-Nacht explodierten zwei Drohnen über dem Kreml. Moskau beschuldigt Kiew. Vermutungen eines «False-Flag»-Angriffs im Ukraine-Krieg mehren sich aber.
Das Wichtigste in Kürze
- Über dem Kreml explodierten in der Nacht auf Mittwoch Drohnen.
- Experten glauben: Ein solcher Angriff würde der Ukraine nichts bringen – Russland schon.
- Seltsam sei, dass dieser prominent in den Staatsmedien behandelt werde.
Ein Flugobjekt rast auf den russischen Kreml zu, kurz vor dem Einschlag geht es in einem Feuerball auf. Rauch steigt über Moskau auf. Videos in den sozialen Medien zeigen diesen geplanten «Mordanschlag auf Wladimir Putin».
Doch: Die Ukraine dementiert jegliche Beteiligung. Man habe nichts damit zu tun und auch kein Interesse, so vorzugehen. Russland würde dies nur dazu verwenden, um noch härter zurückzuschlagen.
Experte: Putin hält sich nicht im Kreml auf
Auch Strategieexperte Albert Stahel glaubt nicht an einen Drohnenangriff durch die Ukraine. Denn: «Aus Sicherheitsgründen und Schutz vor möglichen Anschlägen dürfte sich Putin schon seit längerer Zeit nicht mehr im Kreml aufhalten. Ein Drohnenangriff auf den leeren Kreml bringt deshalb den Ukrainern nichts», erklärt er auf Anfrage.
Russland hingegen würde von einem inszenierten Anschlag sehr wohl profitieren. Die Russen könnten damit ihre zunehmenden Anschläge auf Selenskjy rechtfertigen wollen, so Stahel.
Auch Russland-Experte Ulrich Schmid von der Universität St. Gallen glaubt: «Es kann sein, dass der Angriff vorgetäuscht ist und als Vorwand für eine bevorstehende russische Militäroperation dient.» Jedoch habe auch die Ukraine ein Interesse daran, «die Verwundbarkeit des Machtzentrums aufzuzeigen.»
Gegen einen Angriff der Ukraine spreche jedoch, dass die russischen Staatsmedien den mutmasslichen Anschlag so prominent aufgreifen.
Denn: «Der Vorfall deutet ja auf ein eklatantes Versagen der eigenen Abwehrmechanismen hin», so Schmid.
Ukraine-Angriff «unwahrscheinlich»
Auch das «Institute for the Study of War» (ISW) glaubt nicht, dass die Ukraine dahintersteckt. Das US-Institut nennt das dafür zwei Gründe.
Einerseits wirke die koordinierte Kommunikation des Kremls kurz nach dem Angriff verdächtig. Schliesslich habe es Moskau nicht geschafft, bei vergangenen Blamagen im Krieg eine einheitliche Kommunikation zu präsentieren.
Andererseits sei ein erfolgreicher Angriff der Ukraine angesichts der starken Luftverteidigung rund um Moskau unwahrscheinlich. Erst kürzlich habe das Land die Verteidigungsmassnahmen verstärkt. Das Institut hält es für «extrem unwahrscheinlich», dass es zwei Ukraine-Drohnen gelungen sein soll, diese Verteidigungsmassnahmen zu überwinden.
Hinter der sogenannten «False-Flag»-Attacke, also einem Angriff unter falscher Flagge, dürfte das Bedürfnis stecken, die Russen vor dem 9. Mai nochmals auf den Ukraine-Krieg einzustimmen.