Ukraine-Krieg: Leute beleidigen Armee-Rekrutierer auf der Strasse
Der Soldatenmangel ist für Kiew eine der grössten Hürden im Ukraine-Krieg. Militärangehörige, die rekrutieren wollen, ernten viel Ablehnung.
Das Wichtigste in Kürze
- Viele Ukrainer versuchen, der Armee und ihren Rekrutierern auszuweichen.
- Auf der Strasse werden die verantwortlichen Militärs teils übel beleidigt.
- Es kursieren auch Korruptionsvorwürfe – weil sie nicht selbst an der Front kämpfen.
Kiew ist im Ukraine-Krieg dringend auf neue Soldaten angewiesen. Die Kämpfe gegen Russland dauern nach wie vor an – ein Ende des Konflikts ist nicht in Sicht. Beidseitig sind die Verluste gross.
Die Rekrutierung neuer Kräfte gestaltet sich für die Ukrainer aber immer schwieriger. Diejenigen, die kämpfen wollen, haben sich wohl längst freiwillig gemeldet. Den Rest für den Kriegseinsatz zu gewinnen, ist nicht einfach.
Das zeigt auch ein neuer «Guardian»-Bericht. Die britische Zeitung hat zwei Rekrutierungsverantwortliche der ukrainischen Armee begleitet. Pawlo Pimachow und Jurij Pichota sehen sich dabei auf ihren Touren durch die Strassen Kiews mit viel Gegenwind konfrontiert.
«Warum seid ihr nicht selbst an der Front?»
Viele drehen sich ab oder ärgern sich, wenn die Militärangehörigen kommen. Pimachow sagt: «Ich verurteile niemanden, der sich dem Wehrdienst entzieht, aber ich fühle mich beleidigt.»
Sie selbst seien in langen Schlangen gestanden, um sich für den Dienst zu melden. Andere würden dagegen alles versuchen, um sich dem zu entziehen. Für den Rekrutierer ist klar: «Alle mutigen Leute haben sich bereits freiwillig gemeldet.»
Als wäre die Aufgabe an sich nicht schon schwierig genug, schlägt den beiden Militärs auch viel Hass entgegen. Eine ältere Frau ruft den beiden laut der britischen Zeitung hinterher: «Abschaum! Warum seid ihr nicht selbst an der Front?» Solche Beschimpfungen kommen demnach öfters vor.
Ein Grund dafür sind die Korruptionsskandale, die die ukrainische Armee zuletzt erschütterten. Den Rekrutierern wirft man beispielsweise vor, sich ihren Job erkauft zu haben. Mit Bestechungsgeldern hätten sie sich der Front entziehen können, so die Kritik.
40-Jähriger würde trotz Gesundheitsproblemen in den Ukraine-Krieg ziehen
Allerdings verzeichnen Pimachow und Pichota doch auch noch Erfolge. Ein Mann habe das Formular nach einem 20-minütigen Streit unterschrieben.
Auch der 40-jährige Ruslan liess sich überzeugen. «Ich habe mich vorher nicht gemeldet, weil ich einige gesundheitliche Probleme habe, Schmerzen in den Beinen. Aber ich bin bereit zu gehen, wenn ich gerufen werde», sagt er.
Über den Soldatenmangel in der Ukraine wird immer wieder berichtet. Selenskyj hat auch schon die Regeln für die Rekrutierung angepasst, um mehr Leute für den Ukraine-Krieg aufbieten zu können. Viele wehrpflichtige Männer verstecken sich oder flüchten.