Ukrainischer Autor Kurkow vermisst russischen Widerstand
Der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow prangert den nicht-vorhandenen Widerstand der russischen Bevölkerung gegen Putin und den Ukraine-Krieg an.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Schriftsteller Andrej Kurkow wurde mit dem Geschwister-Scholl-Preis geehrt.
- Bei seiner Dankesrede prangert er den schwachen russischen Widerstand gegen Putin an.
- Er fordert lautere Stimmen aus Russland selbst, welche die Aggression anprangern.
Der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow vermisst in Russland den Widerstand gegen Präsident Putin und den Krieg in der Ukraine.
«Es gibt keine laute Stimme gegen Putins Politik, gegen diese Aggression», weder von den Menschen in Russland, noch ausserhalb. Dies sagte der 61-Jährige am Montag in München, wo ihm am Abend der Geschwister-Scholl-Preis überreicht werden sollte.
«Das ist unglaublich. Wie kann eine grosse Gesellschaft mit einer so reichen Widerstandskultur jetzt einfach schweigen?»
Kurkow verweist auf den Mut der Geschwister Scholl
Kurkow hob den Mut der deutschen Geschwister Hans und Sophie Scholl hervor, denen der Preis gewidmet ist. Mit Gleichgesinnten hatten sie in Flugblättern den Nationalsozialismus angeprangert und wurden im Februar 1943 festgenommen und hingerichtet. Auch in der schrecklichen Nazi-Zeit habe es kein Schweigen in Deutschland gegeben, betonte der Ukrainer. Manche Leute, die nicht mit dem Nationalsozialismus einverstanden waren, seien aktiv geworden.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Bayern und die Stadt München verleihen die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung. Kurkow erhält den Preis für sein «Tagebuch einer Invasion», das demnächst auch auf Ukrainisch erscheinen soll.
Die Menschen würden sein Buch aber wohl erst nach dem Krieg lesen, vermutet der Autor, dessen Muttersprache russisch ist. Es herrsche eine Nervosität und jeder frage sich, was morgen passieren werde. «Das ist kein guter Zustand, um Bücher zu lesen», sagte Kurkow.
«Ich selber lese mit vielen Schwierigkeiten, ich will die ganze Zeit Nachrichten gucken. Ich will meine Frau und meine Kinder anrufen und meine Freunde kontaktieren.»
Anders sei das mit der Poesie. «Die Leute brauchen jetzt Gedichte.» Sie kämen zu Hunderten zu Lyrikabenden in Luftschutzbunkern oder U-Bahnstationen. «Das ist eine sehr emotionale Zeit.»