UN besorgt über mögliche Prozesse gegen ukrainische Kriegsgefangene
Das Wichtigste in Kürze
- Möglicherweise finden in Mariupol bald Prozesse gegen ukrainische Gefangene statt.
- Das UN-Menschenrechtsbüro in Genf befürchtet Todesurteile und Folterungen.
- Die Rede ist auch von Metallkäfigen, in denen die Gefangenen zur Schau gestellt würden.
In Mariupol könnten nach Informationen des UN-Menschenrechtsbüros schon in den kommenden Tagen Prozesse gegen ukrainische Gefangene starten. Die ukrainische Stadt wurde von Russland eingenommen.
Die Sprecherin des Büros, Ravina Shamdasani, bezog sich am Dienstag in Genf auf Fotos und Videos in Medien. Auf diesen ist zu sehen, wie in der Philharmonie von Mariupol Metallkäfige gebaut werden. In denen sollen offenbar ukrainische Kriegsgefangene zur Schau gestellt werden.
Zu befürchten seien Todesurteile, sagte Shamdasani. Dem Büro vorliegende Berichte legten nahe, dass ukrainische Gefangene gefoltert worden sind.
«Wir erinnern daran, dass das humanitäre Völkerrecht die Einrichtung von Gerichten ausschliesslich für Kriegsgefangene verbietet. Es stellt ein Kriegsverbrechen dar, wenn einem Kriegsgefangenen vorsätzlich das Recht auf ein ordentliches Verfahren vorenthalten wird», sagte Shamdasani. Kämpfern, die als Kriegsgefangenen gelten, könnten nach internationalem Recht nicht wegen Kriegshandlungen vor Gericht gestellt werden, sagte sie.
Anzahl der Gefangenen noch unklar
Unklar sei, wie vielen der Prozess gemacht werden solle, was vorgeworfen werde und wie das Gericht zusammengesetzt sein soll. Das UN-Menschenrechtsbüro verlangte Zugang zu den Gefangenen für unabhängige Besucher. Nach Angaben des Separatistenführers im Gebiet Donezk, Denis Puschilin, wurden «Ermittlungen» in 80 Fällen abgeschlossen. Er sprach in diesem Zusammenhang von 23 Verhafteten.
Dafür ist das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zuständig. Das IKRK konnte nach eigenen Angaben seit Beginn des russischen Angriffs im Februar 2022 einige Kriegsgefangene sehen, aber nicht alle. Vielfach sei der Zugang verweigert worden oder es habe keine Sicherheitsgarantien für die IKRK-Mitarbeiter gegeben.
Das IKRK bemüht sich seit Wochen um Zugang zu Überlebenden des Angriffs in Oleniwka im eroberten Teil der Ostukraine. Dort waren Ende Juli rund 50 ukrainische Kriegsgefangene in einem Lager getötet worden. Für den Angriff geben sich Moskau und Kiew gegenseitig die Schuld.