Tod

22 Jahre nach Nickys Tod - Hohe Haftstrafe für den Täter

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Niederlande,

August 1998: Ein Kind wird tot gefunden - missbraucht. Das Entsetzen ist gross. Es ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle der Niederlande. Für das brutale Verbrechen wird Jos B. nun bestraft. Doch Fragen bleiben.

Joep Pattijn von der Polizei in Limburg spricht vor dem Bild des elfjährigen Nicky Verstappen. Foto: Ralf Roeger/dpa
Joep Pattijn von der Polizei in Limburg spricht vor dem Bild des elfjährigen Nicky Verstappen. Foto: Ralf Roeger/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mehr als 20 Jahre nach dem gewaltsamen Tod des elfjährigen niederländischen Jungen Nicky Verstappen ist der Täter bestraft worden.

Nach einem aufsehenerregenden Indizienprozess sprach das Strafgericht in Maastricht den 58-jährigen Angeklagten Jos B. des sexuellen Missbrauchs mit Todesfolge schuldig und verurteilte ihn zu insgesamt zwölf Jahren und sechs Monaten Gefängnis.

B. wurde zwar vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen - aus Mangel an Beweisen. Das Gericht hält den Niederländer aber gleichwohl für den Tod des Jungen verantwortlich. «Ohne Ihr Handeln hätte Nicky Verstappen am 11. August 1998 noch gelebt», sagte der Richter.

Das Urteil ist das vorläufige Ende eines der spektakulärsten Kriminalfälle der Niederlande. Die Verteidigung kündigte bereits Berufung an. Jos B. bestreit die Tat. Er nahm das Urteil nach Angaben von Beobachtern regungslos zur Kenntnis. Die Staatsanwaltschaft hatte mindestens 15 Jahre Haft gefordert.

Es ist dennoch eine relativ hohe Strafe: Zwölf Jahre für sexuellen Missbrauch mit Todesfolge, sechs Monate für den Besitz von Kinderpornografie. «Keine einzige Strafe bringt Nicky zurück», sagte der Richter. Er verwies auf die besondere Schwere der Tat. Mit brutaler Gewalt habe B. den Jungen vergewaltigt, ihm dabei vermutlich den Mund zugehalten und ihn so auf den Boden gedrückt, dass er erstickt sei. «Wie viel Angst muss er ausgestanden haben?»

Nicky war im Sommer 1998 in einem Naturgebiet an der deutschen Grenze bei Aachen getötet worden. Der Fall hatte grosse Bestürzung auch in Deutschland ausgelöst. Der Fall ähnelt einem düsteren Thriller - nur dass dies wirklich geschehen war.

Der kleine Junge war im August 1998 aus einem Ferienlager auf der Brunssumerheide verschwunden. Polizei und Armee hatten ihn fieberhaft gesucht. Einen Tag später fand man in dem Naturgebiet bei Aachen seine Leiche. Schnell waren die Ermittler überzeugt: Nicky war missbraucht und getötet worden.

Doch 20 Jahre lang bewegte sich nichts in dem Fall. Kurz vor der drohenden Verjährung 2018 unternahmen die Ermittler einen letzten verzweifelten Versuch und nutzten die moderne Technik. Ein Massen-Gentest mit 21.000 Männern aus der Region ergab eine Spur, und die führte zu Jos B. Er wurde in Spanien festgenommen. 27 Spuren an Kleidung und Körper des Kindes stimmten mit seiner DNA überein.

Wirklich eindeutige Beweise aber fehlten. So konnte die Todesursache nie festgestellt werden. Doch für die Richter ist die Schuld des Angeklagten eindeutig bewiesen. Da waren die DNA-Spuren, er war am Fundort der Leiche zur fraglichen Zeit gesehen worden - und bereits vor Jahren wegen sexueller Übergriffe auf Kinder ins Visier der Polizei geraten.

Erst im Gerichtssaal sagte der Angeklagte aus. Er habe den Jungen gefunden, doch der sei bereits tot gewesen. Dann habe er sich davongemacht. Aus Angst, sagte er dem Gericht. «Wie viel Pech kann man haben, dass man jemanden tot findet.» Äusserungen wie diese und sein Schweigen lastete ihm das Gericht schwer an. «Das muss für die Angehörigen unerträglich gewesen sein.»

Für die Angehörigen wird der Fall nie abgeschlossen sein. Mutter und Schwester hatten sich im Gericht direkt an den Angeklagten gewandt: «Wir möchten wissen, wie Nickys letzte Minuten waren», hatte die Schwester Femke gefragt. «Wie lang hat er noch gelebt, hat er gelitten, hat er uns gerufen?» Doch B. schwieg. Jetzt sind Eltern und Schwester froh über das Urteil. «Endlich haben wir einen Täter, aber noch immer keine Antworten», sagte die Mutter Berthie Verstappen.

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