Viele Mädchen und Frauen fühlen sich in Grossstädten unsicher

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Deutschland,

Hamburg und Köln - genauso unsicher wie Kampala oder Lima? Zumindest fühlen sich Mädchen und Frauen auch in Deutschland nicht sicher. Ursache sind auch traditionelle Rollenbilder.

In Hamburg fühlen sich Mädchen und Frauen vor allem auf der Reeperbahn und am Hauptbahnhof unsicher. Foto: Axel Heimken/dpa
In Hamburg fühlen sich Mädchen und Frauen vor allem auf der Reeperbahn und am Hauptbahnhof unsicher. Foto: Axel Heimken/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Aufdringliche Sprüche beim Joggen im Park, Verfolgungen auf schlecht beleuchteten Strassen oder unsittliche Berührungen in der U-Bahn: Mädchen und Frauen fühlen sich einer digitalen Umfrage zufolge in Berlin, Hamburg, Köln und München nicht immer sicher.

Das geht aus einem Bericht hervor, den das Kinderhilfswerk Plan am Mittwoch in Hamburg vorgestellt hat.

«Unsere Befragung hat deutlich gemacht, dass Mädchen und junge Frauen auch in deutschen Grossstädten täglich sexuell belästigt, verfolgt, bedroht und beleidigt werden», sagte Plan-Chefin Maike Röttger. Dadurch werde ihnen ihr Recht verwehrt, sich sicher und frei in ihrer Stadt zu bewegen - um zur Arbeit oder zur Schule zu kommen, sich mit Freundinnen zu treffen oder auszugehen.

Insgesamt haben knapp 1000 Mädchen und Frauen im Alter von 16 bis 71 Jahren von Januar bis März 2020 an der Umfrage teilgenommen. Auf einer interaktiven Karte setzten sie sogenannte Pins an Orte, die sie als sicher oder unsicher erlebt haben.

Demnach ist bereits jede fünfte Teilnehmerin schon einmal Opfer von Gewalt, Verfolgung oder Bedrohung geworden. Die am häufigsten genannten Gründe für ein unsicheres Gefühl sind dabei Begegnungen mit Personengruppen, die Alkohol oder Drogen konsumieren, zudem schlecht beleuchtete Wege und Parks sowie einsame Gegenden, in denen Hilfe im Notfall fehlen würde.

Mit Abstand am unsichersten fühlen sich Mädchen und Frauen «auf der Strasse». Darauf folgen in allen Städten die Ortskategorien «öffentliche Verkehrsmittel» und «Grünanlagen». In Hamburg fühlen sich die Mädchen und Frauen vor allem am Hauptbahnhof und auf der Reeperbahn unsicher, in Köln wurde die Mehrheit der negativen Pins eher in der Innenstadt wie zum Beispiel am Neumarkt gesetzt. Auf der Berliner Stadtkarte gibt es dagegen keine einzige Markierung am Hauptbahnhof, dafür häufen sich negative Pins an touristischen Punkten wie dem Alexanderplatz oder in Friedrichshain. In München wurden häufig Parks wie der Englische Garten als unsicher bewertet.

«Die Umfrage hat gezeigt, dass der Handlungsbedarf gross ist», sagte Röttger. Jedes Mädchen und jede Frau habe das Recht, sich in der Stadt frei und ohne Angst zu bewegen. Städtebauliche Massnahmen wie mehr oder bessere Beleuchtung oder das Abschaffen von schwer einsehbaren, düsteren Ecken in Parks wären zum Beispiel ein guter erster Schritt.

«Genauso wichtig ist es aber, dass wir Geschlechterrollenbilder verändern, die vielen Jungen und Männern immer noch suggerieren, dass es völlig in Ordnung ist, Frauen zu belästigen», sagte Röttger. Stereotype und Diskriminierung seien die tiefer liegenden Gründe dafür, dass Mädchen und Frauen sich nicht sicher fühlen können.

Das Kinderhilfswerk hatte die Umfrage 2018 bereits in internationalen Metropolen wie Kampala, Delhi und Lima gestartet. «Vergleicht man die Zahlen, muss man erkennen: Mädchen und Frauen aus den deutschen Grossstädten fühlen sich nicht sicherer als die in den Hauptstädten von Uganda, Indien und Peru», meinte Röttger.

«Viele Mädchen und Frauen zeigen oft aus Scham solche Taten nicht an», sagte Mirko Streiber, Leiter des Landeskriminalamtes Hamburg. Zwar habe sich das Anzeigeverhalten seit der #Metoo-Debatte etwas gebessert, aber es könne noch besser werden.

Tatsächlich ist die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Vergleich zum Vorjahr in allen Städten ausser München gestiegen (Köln: +5 Prozent, Hamburg: +6,9 Prozent, Berlin: +15 Prozent, München: -11,5 Prozent). Zumindest in Hamburg gehe das aber auf mehr Anzeigen im Bereich der Kinderpornografie zurück, sagte Streiber.

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