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Neue Kritik am Verfassungsschutz zu Lübcke-Mord

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Deutschland,

Die Sicherheitsbehörden in Hessen sehen sich im Mordfall Walter Lübcke erneut mit Kritik konfrontiert. Sie sollen im Vorfeld der Tat Informationen über den mutmasslichen Helfer nicht weitergeleitet haben. Zu weiteren Vorwürfen kommt jetzt ein Untersuchungsausschuss.

Das Konterfei von Walter Lübcke (CDU) hinter einem Bundeswehrsoldaten am Sarg bei einem Trauergottesdienst in der Martinskirche. Foto: Swen Pförtner/dpa
Das Konterfei von Walter Lübcke (CDU) hinter einem Bundeswehrsoldaten am Sarg bei einem Trauergottesdienst in der Martinskirche. Foto: Swen Pförtner/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der hessische Verfassungsschutz steht im Mordfall Walter Lübcke erneut in der Kritik.

Laut einem Bericht des NDR soll die Behörde Informationen über den mutmasslichen Helfer Markus H. nicht weitergegeben und somit eventuell dessen Waffenbesitz ermöglicht haben.

Schon zuvor hatte es Kritik an der Arbeit des hessischen Verfassungsschutzes gegeben, weil der mutmassliche Täter Stephan E. zwar als Rechtsextremist aktenkundig war, aber zum Tatzeitpunkt nicht mehr unter besonderer Beobachtung stand. Ein Untersuchungsausschuss zu letzteren Vorwürfen soll im hessischen Landtag noch im Juni eingesetzt werden, wie das Recherchezentrum «Correctiv» am Donnerstag berichtete.

Die inhaltliche Arbeit des Ausschusses soll demnach nach der Sommerpause beginnen. Ein Sprecher der SPD-Landtagsfraktion teilte dazu mit, dass das Parlament in der nächsten Plenarwoche (23. bis 25. Juni) über den Einsetzungsbeschluss abstimmen soll. Dieser werde von Sozialdemokraten, FDP und Linke eingebracht.

Der CDU-Politiker Lübcke wurde am 2. Juni 2019 auf seiner Terrasse erschossen. Markus H. soll Stephan E. an der Waffe ausgebildet und ein Gewehr für ihn auf seiner Waffenkarte eingetragen haben. Ihm wird Beihilfe zum Mord und ein Verstoss gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Ab kommenden Dienstag müssen sich E. und H. vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verantworten.

Im Bezug auf H. schrieb der NDR, dass die Waffenbehörde der Stadt Kassel ihm wegen seiner rechtsextremistischen Aktivitäten zunächst keine Waffenbesitzkarte zugestanden habe. 2015 habe sich H. diese vor dem Verwaltungsgericht erstritten. Der Verfassungsschutz soll damals nur über Aktivitäten von H. bis 2009 informiert haben, obwohl der Behörde nach Recherchen des NDR ein Eintrag von 2011 vorlag.

Laut dem Waffenrecht gilt eine Person unter anderem als unzuverlässig, wenn sie innerhalb der letzten fünf Jahre verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt hat. Für den fraglichen Zeitraum von 2010 bis 2015 lagen dem Gericht demnach keine Informationen vor. Es erlaubte H. folglich den Waffenbesitz.

Der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) in Hessen, Robert Schäfer, sagte dem NDR laut dem Bericht, dass er keine Erklärung habe, warum die Erkenntnisse zu Markus H. aus dem Jahr 2011 nicht übermittelt wurden. Ob es ein Fehler war, könne er heute nicht beurteilen, sagte Schäfer. «Richtig ist, dass wir das heute anders machen würden.»

Aus dem Landesamt hiess es, dass das LfV H. als Rechtsextremisten bewertet habe, zu seiner Person habe es mehrfach Kontakt mit der Waffenbehörde gegeben. «Dabei übermittelte das LfV Hessen unmittelbar auf die erste Anfrage der Waffenbehörde im Jahr 2012 umfangreich offen gerichtsverwertbare Erkenntnisse zu H.», erklärte ein Sprecher.

Das LfV habe Erkenntnisse übermittelt, wonach sich H. unter anderem seit 2006 auf rechtsextremistisch eingestuften Internetseiten geäussert habe, und bei der erneuten Anfrage 2015 auf diese verwiesen. «Ein separater Hinweis auf die Internetaktivitäten, die H. im Jahr 2011 unter dem Pseudonym „Stadtreiniger“ auf dem erwähnten konkreten Internetkanal entfaltete, erfolgte nicht.»

Seit 2016 habe sich die Zusammenarbeit zwischen Waffenbehörde und LfV aber intensiviert. «Heute übermittelt das LfV Hessen den Waffenbehörden bei ihm vorliegende Erkenntnisse über Internetaktivitäten von Extremisten noch detaillierter und kleinteiliger bis hin zu einzelnen „Likes“.»

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im hessischen Landtag, Günter Rudolph, erklärte, der Fall zeige, wie wichtig ein Untersuchungsausschuss sei. «Wir werden dort sehr intensiv darüber zu sprechen haben, wieso die hessischen Sicherheitsbehörden über viele Jahre nicht richtig einschätzen konnte, welche Gefahr von der rechten Szene ausgeht, die sich vor den Augen des Verfassungsschutzes gebildet, verfestigt und vernetzt hat», sagte er laut Mitteilung.

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Stefan Müller, sprach von einem «schweren Fehler» des Landesamtes. Auch er hob die Bedeutung eines U-Ausschusses hervor. Hermann Schaus von der Linken-Fraktion sagte: «Wir brauchen endlich weitreichende strukturelle und auch personelle Konsequenzen - auch damit werden wir uns im demnächst seine Arbeit aufnehmenden Untersuchungsausschuss intensiv beschäftigen müssen.»

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