Zehn Jahre Haft für islamistischen Rizin-Bombenbauer
Die Polizei entdeckte in zwei Kölner Hochhauswohnungen ein Bomben- und Giftlabor. Der erste Terroranschlag in Deutschland mit einem biologischen Kampfstoff wurde knapp vereitelt. Nun wurde ein 31 Jahre alter Islamist verurteilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Für den Bau einer Bombe mit dem biologischen Kampfstoff Rizin in Köln ist ein 31-jähriger Islamist zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.
Das Düsseldorfer Oberlandesgericht sprach den Tunesier Sief Allah H. (31) am Donnerstag der Herstellung einer biologischen Waffe und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat schuldig.
Zuvor war das Verfahren gegen die deutsche Ehefrau von H. abgetrennt worden. Das Gericht warf ihren Verteidigern Prozessverschleppung vor. Die Angeklagte hatte am Donnerstag eine 140 Seiten starke Aussage angekündigt. Das Paar soll gemeinsam an der Bombe gebaut haben, die Festnahme erfolgte am 13. Juni 2018.
«Sie wollten in der deutschen Bevölkerung ein Klima der Angst und Verunsicherung schaffen», sagte der Vorsitzende Richter Jan van Lessen. Die vom Paar beschaffte Menge an Rizinus-Samen hätte rechnerisch für potenziell 13.500 Tote genügt. Tatsächlich wären wohl durch die Verbreitung mit einer mit Stahlkugeln gefüllten Streubombe 200 Menschen oder weniger getötet worden.
Mit dem Urteil entsprach das Gericht der Strafforderung der Bundesanwaltschaft. Die Verteidiger hatten eine Strafe von maximal acht Jahren beantragt. In Tunesien hatte der 31-Jährige ohne Schulabschluss als Briefträger gearbeitet, bevor er die Deutsche Yasmin H. kennenlernte und 2016 nach Deutschland kam.
«Zum ersten Mal standen Angeklagte in Deutschland vor Gericht, die einen Anschlag mit einem biologischen Kampfstoff vorbereitet haben», so die Vertreterin der Bundesanwaltschaft. Der 31-Jährige habe im dicht besiedelten Köln-Chorweiler und in der Nähe seiner eigenen Kinder einen Anschlag mit einer biologischen Waffe vorbereitet.
Der Tunesier habe das Gift an einem Hamster ausprobiert und Testsprengungen auf einer Grünfläche unternommen. Er habe einen Treueeid auf den damaligen Anführer der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) geleistet und sich von IS-Hintermännern beim Bau der Bombe anleiten lassen. Zuvor habe er vergeblich versucht, sich in Syrien am Dschihad zu beteiligen. Das Ehepaar habe Tausende Rizinus-Samen gekauft und daraus das hochgiftige Rizin gewonnen.
Ausserdem hätten sie 250 Stahlkugeln beschafft und Sprengstoff hergestellt. Diverse Zünder seien im Bau gewesen, als die Polizei zuschlug. Die Anschlagsvorbereitungen seien weit fortgeschritten gewesen. Die Streubombe hätte eine möglichst grosse Zahl Menschen in einem geschlossenen Raum töten sollen.
Der Tunesier hatte die Bombenbau-Aktivitäten zugegeben, aber bestritten, einen Anschlag in Deutschland geplant zu haben. Er habe sich lediglich Fertigkeiten für seine geplante Zeit beim IS aneignen wollen. Inzwischen lehne er alle terroristischen Gruppen ab, sagte der 31-Jährige am Donnerstag, bemerkte aber zugleich: «Der Dschihad ist nicht barbarisch, er ist im Islam eine Pflicht.» Seine Verteidiger äusserten: «Er hat sich sicherlich schuldig gemacht, das streiten wir nicht ab.»
Das Gericht liess unterdessen keinen Zweifel daran, dass es auch die 44 Jahre alte Ehefrau und siebenfache Mutter Yasmin H. für schuldig hält. Es zitierte Zeugenaussagen von Nachbarinnen, wonach die Angeklagte zu ihrem Sohn gesagt habe: «Wenn du mal gross bist, wirst du auch Attentäter und kannst dich in die Luft sprengen.» Und: «Wenn Allah sagt, wir sollen töten, dann töten wir.»
Der Festnahme war ein Hinweis eines ausländischen Geheimdienstes vorausgegangen. Der Dienst hatten wegen der Online-Käufe der grossen Mengen Rizinus Verdacht geschöpft. Das Bundesamt für Verfassungsschutz liegt nicht weit von den Wohnungen des Paares entfernt, in denen die Utensilien entdeckt wurden. Es wäre der erste Terroranschlag mit einer sogenannten ABC-Waffe in Deutschland gewesen.