Zulassung für zweite Corona-Impfstoffstudie erteilt

DPA
DPA

Deutschland,

Gerade ist der Bund bei CureVac eingestiegen - nun startet das Unternehmen erste klinische Tests mit seinem Impfstoff-Kandidaten. Die Nase vorn hat derzeit ein anderer Wirkstoff, wobei noch nicht klar ist, ob er tatsächlich effektiv vor Corona schützen kann.

Das Tübinger Unternehmen CureVac darf mit der klinischen Prüfung seines Impfstoffkandidaten gegen Corona beginnen. Foto: Friso Gentsch/dpa
Das Tübinger Unternehmen CureVac darf mit der klinischen Prüfung seines Impfstoffkandidaten gegen Corona beginnen. Foto: Friso Gentsch/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nur ein Impfstoff kann das Coronavirus wirklich aufhalten und die Pandemie in absehbarer Zeit beenden, darin sind sich die meisten Experten einig.

An der Entwicklung wird mit Hochdruck gearbeitet, auch in Deutschland. Das Tübinger Unternehmen CureVac darf nun mit klinischen Tests seines Impfstoffkandidaten beginnen. Die Genehmigung dafür sei erteilt, hiess es am Mittwoch vom zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen. Noch im Juni sollen im Rahmen der Phase-1-Studie erste Probanden geimpft werden.

Nach der Mainzer Firma Biontech ist CureVac das zweite Unternehmen in Deutschland, das einen Impfstoff testen darf. Weltweit laufen nach PEI-Angaben 130 Impfstoffprojekte, zehn Kandidaten befinden sich bereits in klinischer Prüfung, zwei in den fortgeschrittenen Phasen 2 und 3.

«Wir sind davon überzeugt, mit unserem Impfstoffkandidaten gegen Sars-CoV-2 auf dem richtigen Weg zu sein», sagte Mariola Fotin-Mleczek, für Technologie zuständiges Vorstandsmitglied des Unternehmens. Die Tests an verschiedenen Tiermodellen seien erfolgreich verlaufen, der Wirkstoff rufe eine ausgewogene Immunantwort hervor.

CureVac arbeitet seit dem Jahr 2000 an der Entwicklung von mRNA-Therapien und bezeichnet sich selbst als Pionier auf dem Gebiet. Die Arbeiten am potenziellen Corona-Impfstoff hätten im Januar begonnen, hiess es. Er zählt zu den sogenannten genbasierten Impfstoffen und beruht auf einem mRNA-Molekül.

mRNA ist eine Art Botenmolekül, in dem die Bauanleitung zur Herstellung von Proteinen steckt. Für ihren Impfstoff haben die CureVac-Forscher mRNA mit der Bauanleitung für ein Protein der Hülle des Coronavirus versehen. Nach einer Impfung bilden die menschlichen Zellen dieses Protein. Der Körper erkennt es als fremd und beginnt, Antikörper sowie Abwehrstoffe dagegen zu bilden. «Die Immunantwort, die wir auslösen wollen, ist sehr ähnlich der natürlichen Immunantwort», erläuterte Fotin-Mleczek.

An der genehmigten Phase-1-Studie sollen insgesamt 168 gesunde erwachsene Probanden teilnehmen, von denen 144 geimpft werden. In dieser Phase wird vor allem die Sicherheit des Wirkstoffs geprüft und ob er tatsächlich eine Abwehrreaktion im Körper auslöst. Bestenfalls lägen im September erste Daten vor, sagte Franz-Werner Haas, Vorstandsmitglied von CureVac, bei einer Videopressekonferenz von PEI und CureVac. Testzentren befinden sich demnach in Tübingen, Hannover, München und im belgischen Gent.

Parallel zur klinischen Erprobung stelle man bereits grosse Mengen des Impfstoffs her. Die derzeitigen Produktionsanlagen ermöglichten eine Produktion von «Hunderten Millionen Dosen im Jahr», wie Haas erläuterte. Eine weitere Produktionsanlage, die die Kapazität auf Milliarden Dosen erhöhen solle, befinde sich im Bau.

Am Montag hatte das Wirtschaftsministerium bekanntgegeben, sich mit 300 Millionen Euro an dem Unternehmen zu beteiligen und rund 23 Prozent der Anteile zu übernehmen. Man wolle es so auch gegen eine mögliche Übernahme aus dem Ausland absichern. Auf Geschäftsentscheidungen wolle der Staat keinen Einfluss nehmen.

Als erstes deutsches Unternehmen hatte im April das Mainzer Unternehmen Biontech eine Genehmigung des PEI für eine klinische Studie erhalten. Es handelt sich um eine sogenannte Phase-I/II-Studie, in der Teilnehmer in Europa und den USA ebenfalls einen mRNA-Impfstoff erhalten. Nach Angaben des Unternehmens von Mitte Mai werden erste Ergebnisse Ende Juni oder im Juli erwartet.

Am weitesten fortgeschritten sei momentan ein an der britischen Universität Oxford entwickelter Wirkstoff namens AZD1222, sagte der Leiter des Instituts für Virologie der Universität Marburg, Stephan Becker, kürzlich. «Die bisherigen Daten zeigen, dass AZD1222 eine Immunantwort auslöst. Ob der Impfstoff tatsächlich vor Sars-CoV-2 schützt, kann man noch nicht genau sagen.»

Am vergangenen Samstag hatte das Bundesgesundheitsministerium mitgeteilt, dass Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande mit dem Hersteller von AZD1222, dem Pharmaunternehmen AstraZeneca, einen Vertrag über mindestens 300 Millionen Impfdosen geschlossen haben. Der Impfstoff beruht auf der abgeschwächten Version eines Erkältungsvirus von Schimpansen und soll das Immunsystem auf Trab bringen, damit es Sars-CoV-2 im Falle einer Infektion unschädlich machen kann.

Unterdessen teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit, dass sie Milliarden Euro in Vorverträge mit Pharmaherstellern investieren will, um die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs für alle Europäer und für Partnerländer weltweit zu beschleunigen. Damit solle ein wirksamer und sicherer Impfstoff binnen 12 bis 18 Monaten bereitstehen, möglichst sogar schneller, erklärte die Brüsseler Behörde bei der offiziellen Vorstellung ihrer Impfstoffstrategie.

Auch PEI-Präsident Klaus Cichutek betonte, dass es wichtig sei, mehrere verträgliche und wirksame Impfstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften zu entwickeln und die Herstellungskapazitäten rasch auszubauen. Ein Impfstoff dürfe nicht nur einzelnen Staaten oder Risikogruppen zur Verfügung stehen. Man arbeite gemeinsam mit der Politik derzeit an entsprechenden Konzepten, sagte Cichutek.

Wann einer der in Entwicklung befindlichen Kandidaten zugelassen werden könne, sei nicht sicher zu beantworten. «Ich denke, dass wir Anfang kommenden Jahres möglicherweise über einen Antrag auf Zulassung reden können», sagt Cichutek. Weltweit gebe es womöglich schon Ende des Jahres eine Zulassung.

Als problematisch kann sich bei der Verteilung eines möglichen Impfstoffs noch etwas anderes erweisen: Engpässe bei den für die Fertigung und Abfüllung nötigen Materialien. Zudem seien die Studienzentren stark frequentiert, erläutert Haas. «Für eine klinische Studie der Phase II/III werden 15 000 bis 20 000 Teilnehmer benötigt, vor Ort, wo das Virus aktiv ist.» Man sehe da Engpässe auf sich zukommen.

Nach Angaben des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) laufen in Deutschland derzeit sechs weitere Impfstoffprojekte, in denen eigene Kandidaten entwickelt werden. Zudem gebe es Beteiligungen von Unternehmen und Universitäten an internationalen Projekten.

Kommentare

Weiterlesen

Weihnachtsmarkt Attentat Magdeburg
Sugus-Wohnungen Verwalter Zeindler Plan
57 Interaktionen

Mehr aus Deutschland