Netflix: «The Letdown» ist Ehrliches zur Mutterschaft
Schlafentzug? Gehirnveränderungen? Selbstzweifel so hoch wie Berge? Pralle Brüste? Willkommen in der Welt frischgebackener Eltern. In diese taucht die neue, australische Netflix-Serie «The Letdown» ein. Ehrlich, urkomisch – ein Desaster, dass man gesehen haben muss.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf Netflix erschien die erste Staffel der australischen Serie «The Letdown», zu Deutsch «Milcheinschuss».
- Über sieben Folgen lernen wir die Freuden und Leiden von Audrey und Jeremy kennen, die eben Eltern geworden sind.
- Dazu kommt Audreys Mütter-, äh, Elterngruppe, deren Mitglieder alles ein bisschen besser zu können scheinen.
Früher war ja alles klar: Der Vater bringt das Geld nach Hause, die Mutter bäckt daraus die Brötchen. Und heute?
Da backen und verdienen optimalerweise beide zu gleichen Teilen. Schlafmangel und Selbstzweifel werden zuweilen von den rosa Wölkchen abgefedert, die die Freude der Elternschaft in die Welt gepustet hat. Das zumindest war die Idealvorstellung von Audrey (Alison Bell). Während sieben Folgen dürfen wir ihr bei «Milcheinschuss» dabei zusehen, wie sie erkennt, dass rosa Wölkchen eine Mär sind. Und dass das dann doch nicht das Ende der Welt bedeuten muss.
Kind, Kritik und Komplexe
Und mal ehrlich: So schwer sollte das nicht sein, immerhin leben wir in einer emanzipierten, gleichberechtigten Gesellschaft. Wer braucht da Mütterkurse? Oder Ratgeberliteratur? Das zumindest fragt sich Audrey, bevor sie mit einigen Mühen Tochter Stevie – benannt nach ihrem verstorbenen Grossvater– ans Licht der Welt zu pressen versucht.
Doch da fängt es schon an mit den Komplikationen: Das Kind liegt schief, der Arzt schreitet zum Kaiserschnitt. Und von da an geht es weiter: Der scheinbar moderne Vater verstrickt sich in Karrierewünschen und ist kaum zu Hause, Stevie macht die Nacht zum Tag und hat absolut keine Lust, aus dem Fläschchen zu trinken.
Duschen? Sex? Hä?
Auch die erste Generation ist keine grosse Hilfe: Während Oma I sich lieber selber verwirklicht, schiesst Oma II ihre Kritikpfeiler unterschwellig, spitz und doch eigentlich gut gemeint in Richtung Schwiegertochter.
Ganz ehrlich: Wer denkt bei dem ganzen Wahnsinn noch an sich, die Frisur, pures Glück und eine ordentliche Wohnung? Oder gar Sex? Audrey jedenfalls nicht. Karriere-Papa Jeremy (Ewen Leslie) hingegen hätte da schon Kapazitäten. Zumindest für Letzteres.
Rosa Brille? Denkste!
Audrey und die Müttergruppe, zu der sie nie gehören wollte. Jeremy, dem das Windeln-Wechseln schwerer fällt, als Überstunden zu schieben. Und Stevie, die zuckersüss in die Kamera blinzeln und nächtelang wie ein Bär brüllen kann: Zu Deutsch heisst die neue Serie «Milcheinschuss».
Der australische Originaltitel hingegen ist «The Letdown». Eine Bezeichnung für Milcheinschuss, aber auch das Wort für «Enttäuschung». Ein ziemlich akkurater Beschrieb des Gemütszustandes junger Eltern. Klar lieben sie ihr Kind. Klar würden sie es nur manchmal, selten sogar, zurückgeben wollen. Aber die erwarteten rosa Wölkchen lassen auf sich warten. In der Zwischenzeit füllen Schlafmangel, Selbstzweifel und Ernüchterung die Lücke.
Ernüchterung darüber, dass Elternschaft doch einfach nur das politisch korrekte Wort für Mutterschaft ist. Selbstzweifel, weil man plötzlich Verantwortung für ein blankes neues Leben trägt – während das eigene gerade komplett aus den Fugen gerät. Und der Schlafmangel, der ist selbstredend.
Ehrlichkeit und Komik
Wer jetzt aber denkt, «Milcheinschuss» sei ein harter Brocken, der denkt falsch. Die erfrischende Ehrlichkeit führt ebenso zu Lachern, wie zum Drang, nach der einen Folge sofort die nächste anzuklicken.
Dazu kommt die Situationskomik, wenn Audrey die Mail mit dem Betreff «Bring dein Lieblingsbuch» nicht fertig liest und statt einem Elternratgeber «Frankenstein» in den Mütterkurs bringt oder in Stevies Wiege einschläft, weil sie wissen will, ob das Ding wirklich so unbequem ist, dass man darin nicht schläft. Wenn Jeremy sich zum Wickeln seiner Tochter ins Damenklo schleichen muss oder die beiden mit dicken Ohrenschützern versuchen, Stevies nächtliches Weinen zu ignorieren.