Arktis fehlt der Eisnachschub
Immer weniger frisches, vor Russland entstandenes Meereis gelangt in die zentrale Arktis. Das hat Folgen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Arktis hat es zu wenig von Russland entstandenes Meereis
- Kann Auswirkungen haben mit Schwebstoffe und Mineralien
Immer mehr vor Russland gebildetes Eis schmilzt auf seinem Weg in die zentrale Arktis. Das habe Auswirkungen auf das Ökosystem, schreiben deutsche Forscher für Polar- und Meeresforschung im Fachmagazin «Scientific Reports». Denn wenn das Eis aus Gründen des Klimawandels frühzeitig schmelze, werden eingeschlossene Nährstoffe nicht im Nordpolarmeer verteilt. Langfristig sei zu erwarten, dass sich dadurch die Arktis physikalisch, biologisch und chemisch verändere, sagte Forscherin Eva-Maria Nöthig.
Durch denn Wind ins Meer hinaus schmilzt das Eis
In den russischen Randmeeren des Arktischen Ozeans entsteht im Winter fortwährend Meereis, weil dort die Lufttemperaturen bis zu minus 40 Grad sinken. Ein starker, ablandiger Wind schiebt dann das im Flachwasser gebildete junge Eis auf das Meer hinaus. Teile dieses Eises wandern innerhalb von paar Jahren quer durch die zentrale Arktis bis in die Framstrasse. In diesem Seegebiet zwischen Grönland und Spitzbergen schmilzt es schliesslich.
Vor rund 20 Jahren erreichte noch etwa die Hälfte des in den Randmeeren gebildeten Eises die zentrale Arktis. Mittlerweile seien es nur noch 20 Prozent, schreiben die Forscher. Der Grossteil schmelze vorzeitig.
Da immer weniger Meereis zur Framstrasse gelangt, kommen auch immer weniger Schwebstoffe und Mineralien an, die beim Gefrieren eingeschlossen werden. Das zeigen Analysen, die Biologen seit zwei Jahrzehnten in der Framstrasse durchführen. Mit dem vorzeitigen Schmelzen des Meereises sinken die Partikel früher ab. In den Sedimentfallen in der Framstrasse finde man immer weniger sibirische Mineralien, sagte Nöthig.
Wichtiger Transportstrom reisst in der Arktis
Die Forscher verfolgten die Wanderung des Meereises mithilfe von Satellitendaten aus den Jahren 1998 bis 2017. «Jenes Eis, welches die Framstrasse erreicht, wird grössten Teils nicht mehr in den Randmeeren gebildet, sondern aus der zentralen Arktis». sagte Thomas Krumpen, ebenfalls Forscher. «Wir werden derzeit Zeuge, wie ein wichtiger Transportstrom abreisst und die Welt einem meereisfreien Sommer in der Arktis näherkommt.»
Bestätigt wird das Ergebnis der Studie durch Messungen der Meereisdicke in der Framstrasse. «Eis, das heutzutage das Arktisgebiet durch die Framstrasse verlässt, ist rund 30 Prozent dünner als früher», betonte Krumpen. Gründe dafür seien die steigenden Temperaturen im Winter und eine früher beginnende Schmelzsaison im Sommer.