Erkältung: Hausmittel häufig eine Wohltat, allerdings kaum erforscht
Jeder und jede kennt irgendein Hausmittel, das etwa bei Erkältung Abhilfe schafft – angeblich. Denn wissenschaftlich erforscht sind Hausmittel meistens nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Hausmittel und ihre Wirksamkeit sind wissenschaftlich weitgehend unerforscht.
- Pharmafirmen sind an der Erforschung nicht interessiert, es bräuchte öffentliche Gelder.
- Experten bedauern das, denn Hausmittel könnten wirklich etwas bringen.
Das Wissen über Hausmittel wird von Generation zu Generation weitergegeben. Und sie werden häufig angewandt – einer Studie von 2007 zufolge in Deutschland von rund der Hälfte der Bevölkerung.
Doch helfen Honig, Zwiebel und Zitrone wirklich? Ganz sicher ist das nicht. Denn: Hausmittel und ihre Wirksamkeit sind weitgehend unerforscht.
Schlechte Studienlage bei Hausmittel
«Hausmittel wurden eigentlich nie richtig untersucht», sagt Stefanie Joos, Allgemeinmedizinerin und Leiterin des Instituts für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Tübingen. Das sei sehr schade, denn «es sind ja Mittel, die teilweise wirklich sehr lange Tradition haben.» Es gebe nur wenige gut gemachte Studien, in denen die Wirksamkeit von Hausmitteln geprüft wurde.
Warum ist das so? «Wenn Pharmafirmen Forschung finanzieren, dann sind die nicht an Hausmitteln interessiert. Dafür bräuchte es dann eine öffentliche Forschungsförderung», erklärt Joos. Dazu seien Hausmittel aber nicht innovativ genug.
Und: Hausmittel werden oft bei einfacheren, selbstlimitierenden Erkrankungen angewendet. Da sagt der Fördergeber – «naja, so eine Erkältung ist ja jetzt nicht so wichtig.»
Industrie nicht an Hausmittel-Forschung interessiert
Jörg Meerpohl, Leiter des Instituts für Evidenz in der Medizin am Uniklinikum Freiburg, bestätigt das. Die Industrie habe selten Interesse daran, in Hausmittel-Forschung zu investieren. Die Mittel müssten aus öffentlicher Hand kommen.
Die Förderrichtlinien des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Geldgeber für öffentliche Forschung, im Gesundheitsforschungsprogramm sind themenoffen, heisst es. An sich könnten auch Untersuchungen zur Wirksamkeit von Hausmitteln unterstützt werden. Tatsächlich seien aber bisher keine Forschungsanträge mit direktem Bezug dazu eingereicht worden.
Experten bedauern
Dass nicht zu Hausmitteln geforscht wird, findet der Kinderarzt Meerpohl schade. «Aus akademisch-wissenschaftlicher Sicht würde ich mir wünschen, dass man Menschen klar sagen kann, ob ein Hausmittel bei Erkältung wirkt.»
Aus medizinischer Sicht, denkt er, ist es vielleicht weniger wichtig. Viele Leute wendeten Hausmittel an und fühlten sich damit subjektiv besser.
Medizinerin Joos bedauert die fehlende Forschung. «Hausmittel werden immer ein bisschen belächelt. Undankbarerweise, denn das Zwiebelsäckchen kann in Einzelfällen besser wirken als die Schmerztablette. Um hier verlässliche Empfehlungen zu geben, brauchen wir eigentlich Studien.»
Hausmittel aus vielerlei Gründen sinnvoll
Hausmittel einzusetzen sei aus verschiedenen Gründen sinnvoll, sagt Joos. Neben der tatsächlichen Wirkung sei es gut, dass der Patient selber etwas macht.
Wenn man Hausmittel zu- und vorbereite komme der Aspekt hinzu, dass man jemandem Zuwendung und Zeit schenke. Das sei ein wichtiger Punkt bei einem Hausmittel. Auch Berührungen etwa bei Wadenwickeln zum Fiebersenken lösten «mit Sicherheit» etwas aus.
Von ihr selbst durchgeführte Studien hätten ergeben: Vor allem ältere Menschen und auch eher Frauen wenden Hausmittel an. Das liege auch daran, dass das Wissen in den älteren Generationen noch stärker vorhanden sei als in den jüngeren. Hier gehe den Umfragen zufolge das Wissen eher verloren.
Einige Hausmittel helfen wirklich gegen Erkältung
Auch wenn es nicht viele Studien zu Hausmitteln gibt – ein paar helfen erwiesenermassen. «Nasenspülungen sind relativ gut untersucht, die helfen definitiv», sagt die Medizinerin Joos. Ebenso Wadenwickel zum Fiebersenken und Honig als Schleimlöser und Hustenstiller.
«Man muss ganz klar sagen: Hausmittel sind eine symptomorientierte Behandlung. Sie lindern etwa Schmerz oder Husten, tragen aber wahrscheinlich nicht dazu bei, eine Krankheit zu verkürzen.»