ETH-Forscherin: Mutanten widerspiegeln sich noch nicht im R-Wert
Der Reproduktionswert ist in der Schweiz deutlich gestiegen. Dies ist aber (noch) nicht auf die Corona-Mutationen zurückzuführen. Eine Forscherin ordnet ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Der R-Wert in der Schweiz lag am 21. Januar bei 0,97 – er ist gestiegen.
- Einer Forscherin der ETH zufolge liegt die Ursache jedoch nicht bei den Corona-Mutationen.
- Diese seien aber nicht zu unterschätzen: Je höher die Zahlen, desto grösser der Einfluss.
Sars-CoV-2 mutiert und bringt ansteckendere Varianten hervor. Das Rezept, damit das Virus nicht noch viel mehr Mutanten hervorbringe, liege in möglichst tiefen Fallzahlen, stellt Tanja Stadler fest. Sie ist Biostatistikerin an der ETH Zürich.
Am Sonntag meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) für den 21. Januar einen Reproduktionswert (R-Wert) von 0,97. Damit ist die Zahl seit Mitte Januar angestiegen.
Doch die Mutanten seien nicht für den steigenden Wert verantwortlich, sagt Stadler. Da der Anteil der Ansteckungen durch die britische Variante B 1.1.7 bei rund zehn Prozent liege, werde der R-Wert momentan noch von anderen Varianten dominiert.
Die südafrikanische Variante mit dem Namen 501Y.V2 tauchte gar erst vereinzelt in Stichproben auf.
Doch Stadler, die zudem noch Mitglied der wissenschaftlichen Taskforce ist, warnt vor den steigenden Ansteckungen. Wenn diese nämlich «im mittleren zweistelligen Bereich sind, werden wir deren Auswirkung auf den R-Wert stark sehen.»
So berechneten Schweizer Forschende kürzlich anhand von Zahlen aus Genf, dass die britische und südafrikanische Mutante am 1. März dominierend sein werden. Laut den Modellierungen werden die Mutanten dann eine Häufigkeit von 82 Prozent erreichen. Dies twitterte der Berner Epidemiologe Christian Althaus bereits am Freitag.
Brasilianische Corona-Variante bereitet Forschenden Sorgen
Die erstmals in Brasilien charakterisierte Variante namens 501Y.V3 macht Stadler ebenfalls Sorgen. Diese Version breitet sich in Gebieten aus, wo durch frühere Infektionen eine hohe Immunität in der Bevölkerung herrschen sollte.
Stadler warnt: «Laboranalysen deuten darauf hin, dass die Immunantwort von bereits Infizierten nicht mehr so gut funktioniert.» Das Risiko für Zweitinfektionen könnte daher steigen.
Tiefe Fallzahlen haben gemäss Stadler zahlreiche Vorteile. Nur ein Beispiel nennt sie in Bezug auf die Mutanten und die Impfung: «Niedere Fallzahlen bedeuten, dass weniger Viren zirkulieren.» SARS-CoV-2 habe so weniger Chancen, Varianten zu entwickeln, welche die Impfung weniger wirksam machen.