Ethikrat begrüsst Züchtung von Mensch-Tier-Wesen

Rowena Goebel
Rowena Goebel

Deutschland,

Japan erlaubt seit Kurzem das Züchten von Mischwesen aus Mensch und Tier bis zur Geburt. Was viele überraschen mag: Der Ethikrat hält das für unbedenklich.

Mischwesen
In einem Rattenembryo werden Menschen-Zellen eingepflanzt. (Illustration) - Science Pictures ltd/SPL

Das Wichtigste in Kürze

  • In Japan ist es neuerdings erlaubt, Mensch-Tier-Wesen bis zur Geburt zu züchten.
  • Der deutsche Ethikrat zieht die Grenze erst bei «Tier-Mensch-Hybriden».
  • Solche entstehen durch die neu erlaubten Experimente nicht.

Erstmals ist es erlaubt, ein Wesen mit menschlichen und tierischen Zellen bis zur Geburt zu züchten. Dieser Entscheid, der kürzlich in Japan gefällt wurde, stösst besonders in religiösen Kreisen auf Kritik. Sind derartige Experimente ethisch vertretbar?

Ja, findet Peter Dabrock, Vorsitzender des Deutschen Ethikrats. Obwohl er verstehe, dass sich die Leute bei der Vorstellung von Chimären gruseln, sei er nicht schockiert. «Als ich die Überschriften gelesen habe, war mir klar, dass hier kein ethisch bedenkliches Mischwesen entstehen soll.»

Peter Dabrock
Peter Dabrock, Vorsitzender des Deutschen Ethikrats. - Deutscher Ethikrat

Auf die Frage von «Spiegel Online», wo er denn die Grenze ziehe, erklärte er: «Eine rote Linie zieht der Ethikrat erst bei Tier-Mensch-Hybriden. Das sind echte Kreuzungen, bei denen jede Zelle im Körper gleichzeitig Erbmaterial vom Tier und vom Menschen enthalten würde. Das würde das menschliche Selbstverständnis in seiner Abgrenzung zum Tier gefährden.»

Bei Versuchen entstehen keine Hybriden

Hybriden dürfen auch japanische Forscher nicht kultivieren: Bei den erlaubten Experimenten vermischen sich die Zellen von Mensch und Tier nicht.

Ihr Ziel ist es, menschliche Organe in Tieren heranzüchten zu können. So müssten Patienten weniger lange auf Spenderorgane warten.

Die Versuche seien überdies nichts Neues, so Dabrock. «Nakauchi hat nun lediglich die Möglichkeit, Tierembryonen, die auch menschliche Zellen enthalten, länger wachsen zu lassen, als zuvor.» Der Forscher Hiromitsu Nakauchi plant, menschliche Zellen in Maus und Rattenembryonen zu züchten und diese Embryonen in Muttertiere zu transplantieren.

Kognitive Fähigkeiten der Tiere könnten sich ändern

Sind die Experimente also tatsächlich unbedenklich? Kritiker befürchten, dass menschliche Zellen im Hirn der Versuchstiere kognitive Änderungen bewirken könnten. Laut dem Ethikrat-Vorsitzenden eine echte Möglichkeit, die streng überwacht werden müsse.

«Versuche aus den letzten Jahren haben allerdings gezeigt, dass das bei weit voneinander entfernten Spezies nicht passiert. Nakauchi wird mit seiner Grundlagenforschung genauer prüfen, wie hoch das Risiko solcher ungewollten Effekte ist. Er hat zugesichert, die Versuche abzubrechen, falls sich menschliche Zellen an problematischen Orten ansiedeln.»

Grundsätzlich findet Dabrock es richtig, dass Tierschutz für die Gesellschaft immer wichtiger wird. «Gleichzeitig haben die nun geplanten Versuche ein sehr hochrangiges Ziel für den Menschen: Sie bieten langfristig die Perspektive, die Organknappheit zu bekämpfen.»

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