Boris Johnson ist trotz Blexit-Pleite nicht abgeschrieben
Die bisherige Amtszeit von Grossbritanniens Premier Boris Johnson ist alles andere als erfolgreich gestartet. Doch abgeschrieben ist er noch lange nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Premierminister Boris Johnson verliert am Mittwochabend gleich vier Abstimmungen.
- Nun stellt sich in Grossbritannien die Frage, wann es zu Neuwahlen kommt.
- Johnson hofft mit Neuwahlen auf ein neues starkes Mandat.
Fünf Abstimmungen, fünf Niederlagen: Die Bilanz für den Neo-Premierminister Boris Johnson nach nur 43 Tagen im Amt ist vernichtend. Erst wird ihm am Dienstag vom Parlament die Debatten-Agenda aus der Hand gezogen. Dann stimmten die Abgeordneten am Mittwochabend für das Gesetz gegen den No-Deal-Brexit. Und schliesslich widersetzte sich das House of Commons dem Antrag des Premiers, umgehend Neuwahlen anzuberaumen.
Kein Wunder, schreibt die britische Presse von Demütigung, Desaster oder von Kontrollverlust durch Boris Johnson. Doch dürfte sich dies als voreiliger Schluss erweisen.
Dass es zu Neuwahlen kommen muss, daran zweifelt in Grossbritannien niemand mehr. Es braucht Neuwahlen, um die Brexit-Frage endgültig zu lösen.
Brexit-Frage spaltet Königreich
Eines ist klar: Das Königreich ist in der Brexit-Frage auf allen Ebenen gespalten. Schottland und Nordirland sind gegen den Brexit, England und Wales dafür. Städte wollen in der EU bleiben, auf dem Land unterstützt man den Brexit.
Ältere Briten wollen raus, junge wollen bleiben. Nationale Wahlen würden die Verhältnisse in der Bevölkerung klären.
Auch der EU würden Neuwahlen in Grossbritannien Klärung bringen. Denn weder Johnson noch Oppositionsführer Jeremy Corbyn haben derzeit im Parlament eine Mehrheit. Eine Wahl würde Klarheit verschaffen, mit wem die EU überhaupt verhandeln muss.
Die Frage ist nun also nicht ob, sondern wann es zu Neuwahlen kommt. Oppositionsführer Corbyn hat diese an die Bedingung geknüpft, dass das Gesetz gegen den No-Deal angenommen wird.
Dieses sieht vor, dass bis zum EU-Gipfel Mitte Oktober ein Deal mit der EU zustande kommen muss. Sonst muss Johnson in Brüssel antraben und um eine weitere Brexit-Verschiebung bis zum 31. Januar 2020 ersuchen.
Brexit-Frage wird Wahlausgang bestimmen
Eines ist klar: Kommt es zu Neuwahlen, wird der Wahlkampf nicht mit politischen Programmen, sondern entlang der Brexit-Frage geführt werden.
Dafür hat sich Johnson deutlich positioniert. Er steht für den Brexit, koste es, was es wolle. Boris Johnson bestritt schon in den vergangenen Tagen eine Art Wahlkampf. Und sollte er den auch gewinnen, geht Johnson gestärkt aus dem ganzen Brexit-Schlamassel.
Dann weiss er wieder eine Mehrheit im Parlament hinter sich. Und mit einem neuen, starken Mandat will er bei der EU antraben und eine neue Einigung erzielen.
Viele gehen davon aus, dass dies von Anfang an der Plan von Boris Johnson war. Mit den Zwangsferien für die Parlamentarier habe der Premier Neuwahlen provoziert. Ob Johnson am Ende der ganzen Geschichte noch Premier ist, bleibt ungewiss.
Das renommierte Wahlforschungsinstitut «What UK thinks» sieht Johnsons Siegeschancen bei rund 50 Prozent.