22 Jahre Bach-Kantaten – Zwangspause auf «Baustelle der Ewigkeit»
Die J.S. Bach-Stiftung St. Gallen möchte einmal alle Vokalwerke von Johann Sebastian Bach aufführen. Das Projekt wurde wegen des Corona-Virus unterbrochen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die J.S. Bach-Stiftung St. Gallen möchte alle Vokalwerke des Komponisten Bach aufführen.
- Die Stiftung musste das Projekt wegen des Corona-Virus zwangsmässig pausieren.
Alle Vokalwerke von Johann Sebastian Bach (1685-1750) aufführen: Dieses Ziel verfolgt die J.S. Bach-Stiftung St. Gallen seit 2006 mit einer auf 22 Jahre angelegten Konzertreihe.
Am kommenden Freitag sollte Bachs Kantate «Sie werden euch in den Bann tun» mit Chor und Orchester aufgeführt werden.
Nun hat das Coronavirus das Konzert gleichsam mit einem Bann belegt und den Organisatoren einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Es ist bereits die dritte Absage seit dem Ausbruch der Pandemie im März. Ersatzweise erklingt die Kantate «Sie werden euch in den Bann tun» am 15. Mai in einer Ein-Mann-Version von Rudolf Lutz, dem künstlerischen Leiter des Bach-Projekts, über Videostream aus der Kirche in Stein AR.
Die vom ehemaligen Wegelin-Bankier Konrad Hummler gegründete J.S. Bach-Stiftung kam vergangene Woche zum «bitteren Entschluss, das gesamte Jahr 2020 für die regulären Produktionen unserer Stiftung abzulegen.» So hiess es in einer Mitteilung.
Die Konzerte sollen 2022 nachgeholt werden. Beschränkungen, fehlende Reisemöglichkeiten für das international zusammengesetzte Ensemble und logistische Probleme erzwangen die Pause. «Wir wollen kein Stückwerk und keine halbbatzigen, gegebenenfalls publikumslosen Veranstaltungen», schreibt die Stiftung auf ihrer Homepage.
Rückstand gilt es aufzuholen
Um den Rückstand auf den Fahrplan bis 2023 aufzuholen, könnte der Aufführungsplan verdichtet werden. Es könnten alternativ jeweils zwei oder drei Kantaten aufs Mal gesungen werden. Bisher kam jeweils nur eine Kantate pro Abend zur Aufführung, dafür zwei Mal, mit einer Reflexion dazwischen.
Die J.S. Bach-Stiftung vergleicht ihr langfristiges Engagement mit der Mitarbeit auf einer «Baustelle der Ewigkeit».
Ein Sabbatjahr sei mit Sicht auf ein 22 Jahre dauerndes Projekt «hinnehmbar». Die Musik des Thomaskantors sei ohnehin «weit über jeden Zeitrahmen hinaus gültig».
Bachs Vokalwerk umfasst über 200 Kantaten, sechs Motetten, rund zehn Passionen und Oratorien, diverse Messsätze und die berühmte h-Moll-Messe. Die Partituren für die Aufführung all dieser Werke mit Chor und Orchester füllen rund 12'500 Seiten.
Gründer der J.S. Bach-Stiftung ist der 1953 geborene Unternehmer Konrad Hummler, der von 1991 bis 2012 als Teilhaber die St. Galler Privatbank Wegelin führte.
2012 musste Hummler die Bank wegen des Steuerkonflikts mit den USA an die Raiffeisen-Gruppe verkaufen. 1999 tat sich der Bankier mit dem 1951 geborenen St. Galler Musiker Rudolf Lutz zusammen.
Der Organist, Cembalist, Dirigent, Komponist und Musikpädagoge leitet die Aufführungen der J.S. Bach-Stiftung. Die Zwangspause will Lutz unter anderem für die Arbeit an einer Komposition für das Bachfest Leipzig 2021 nutzen.