Aargau: «Wunderschöne Frau» – Gericht kippt fristlose Kündigung
Ein Annäherungsversuch eines Aargauers gegenüber einer jungen Kollegin mündet in einer fristlosen Kündigung und schlussendlich in einem Gerichtsprozess.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Mitarbeiter eines Unternehmens versuchte, sich einer jüngeren Kollegin zu nähern.
- Nach einer Facebook-Nachricht entschied sich der Betrieb für eine fristlose Kündigung.
- Diese ist jedoch laut dem Aargauer Obergericht nicht gerechtfertigt.
Ist eine Facebook-Nachricht wie «Du bist eine wunderschöne Frau. Leider für mich unerreichbar» mit Kuss- und Äffchen-Emoji sexuelle Belästigung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt? Ein Vorfall, über den die «Aargauer Zeitung» berichtet, behandelt diese Frage.
Ein damals 53-jähriger Mitarbeiter eines Unternehmens hatte sich offenbar in eine 20-jährige Kollegin verguckt. Nach einer Kontaktaufnahme über Social Media sowie einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz kam es zur besagten sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses – ohne Vorwarnung.
Der Mitarbeiter hatte fünf Tage vor der fristlosen Kündigung bereits eine reguläre Kündigung eingereicht. Da er sich ungerecht behandelt fühlte, ging er vor Gericht.
Gehaltsanspruch und Änderung des Arbeitszeugnisses
Der Angestellte forderte sein Gehalt bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist und die Änderung des Enddatums in seinem Arbeitszeugnis. Das Bezirksgericht Kulm stellte sich auf die Seite des Mannes und sah die fristlose Kündigung als unverhältnismässig.
Wie die «Aargauer Zeitung» nun schreibt, blieb die darauffolgende Berufung des Unternehmens beim Aargauer Obergericht erfolglos. Nach dessen Urteil müsste eine Verfehlung das Vertrauensverhältnis so stark erschüttern, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar wäre.
Gericht bewertet Nachricht nicht sexuell konnotiert
Das Gericht befand, es sei zweifelhaft, ob die vom Mitarbeiter verschickte Facebook-Nachricht mit einem Kompliment tatsächlich eine sexuelle Belästigung darstellt. Dem Urteil zufolge erscheine es nicht offensichtlich, dass die Nachricht sexuell konnotierte Inhalte enthielt.
Zudem wurde erwähnt, dass der Mitarbeiter keine Vorgesetztenposition hatte und daher keine erhöhte Pflicht oder Verantwortung gegenüber der jungen Kollegin bestand.
Das Obergericht entschied, dass das Unternehmen das Arbeitsverhältnis bis Ende August 2022 hätte fortführen sollen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.