Ekel-Alarm im Zug: Ein Passagier hinterlässt Fingernägel auf dem Boden. Eine Expertin warnt vor sinkendem Anstand im ÖV.
Egoismus
Eklige Szenerie: Geschnittene Fingernägel liegen im Zugabteil auf dem Boden. - Reddit

Das Wichtigste in Kürze

  • Im öffentlichen Verkehr nimmt der Anstand laut einer Expertin immer mehr ab.
  • Die SBB rät Betroffenen von Ekel-Anblicken zum freundlichen Gespräch.
  • Eine Knigge-Expertin empfiehlt gewieftere Aktionen.
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«Warum im Zug? Grusig!», ärgert sich ein Pendler.

Dazu teilt er ein passendes Bild auf der Plattform Reddit: Fingernägel liegen auf dem Boden des Zuges. Alles andere als ein Einzelfall.

Schon zu Jahresbeginn sorgten Pendler mit unhöflichem Verhalten für Kopfschütteln: Beine auf den Sitzen, ohne dass Kontrolleure eingreifen. Im April schritt eine Passagierin ein, als ein Mann mit Lautsprechern Musik hörte.

Im Mai legte sogar ein Zug-Arbeiter einen dreckigen Koffer auf einen Sitz. Und im Juni ging ein Video viral, das einen Mann beim ungenierten Rasieren in einer Zürcher S-Bahn zeigte.

Ein «absolutes No-Go»: Hier rasiert sich ein Mann im Zug. - Tiktok / @_szene_isch_zueri

Die Frage drängt sich auf: Verliert der öffentliche Verkehr zunehmend an Anstand? Und was unternimmt die SBB?

SBB rät zu «freundlichem Gespräch»

SBB-Sprecher Reto Schärli erklärt auf Anfrage: «Gesellschaftliche Veränderungen machen auch vor Zügen und Bahnhöfen nicht halt.» Man appelliere daher «an den gesunden Menschenverstand».

Wer sich über Mitreisende ärgere, solle «ein freundliches Gespräch beginnen. Denn: Miteinander reden ist immer eine gute Idee». Doch wie und ob Kontrolleure einschreiten, bleibt unbeantwortet.

Hast du schon einmal respektloses Verhalten im ÖV erlebt?

Die Knigge-Expertin Susanne Abplanalp findet zum Nägel-Foto auf Anfrage von Nau.ch deutliche Worte: «Mich überrascht das nicht. Ich habe schon erlebt, wie Leute ihre Nägel im Zug knipsen und einfach liegen lassen.»

Für Abplanalp steht fest: «Das ist ein absolutes No-Go» – selbst wenn die Nägel anschliessend wieder eingesammelt werden.»

«Zunehmender Egoismus»

Der schwindende Anstand im ÖV ist für Abplanalp offensichtlich. «Ich vermute, dass dieses Verhalten auf zunehmenden Egoismus und fehlende Rücksichtnahme zurückzuführen ist.»

Viele fühlten sich im Zug anonym, fährt die Benimm-Expertin fort: «Sie tun Dinge, die sie im Bekanntenkreis niemals tun würden.» Manche kümmere es schlicht nicht, was Fremde über ihr Verhalten denken.

Fingernägel auf Boden
Eklige Szenerie: Fingernägel im Zugabteil.
koffer
Diesen schmutzigen Koffer legte ein Fahrgast auf die Sitze einer Zürcher S-Bahn.
sbb
Doch was tun, wenn andere keine Manieren zeigen? SBB-Mediensprecher Reto Schärli rät zum freundlichen Gespräch.
Susanne Abplanalp
Knigge-Expertin Susanne Abplanalp rät zu dezenteren Hinweisen.
Zug Bein Tisch
Dennoch stellt sie fest: Der Anstand im Zug nimmt immer mehr ab.
SBB
Auch dreckige Schuhe auf Sitzen sorgen im ÖV immer wieder für Ärger. Hier ein Bild von letztem Herbst.

Die Knigge-Expertin hat vieles erlebt, was Bände spricht: «Wenn jemand gegenüber von mir Nägel knipst oder Zahnseide benutzt, ist das einfach unangemessen. Eigentlich wollte ich gerade etwas Kleines essen, aber der Appetit verging mir sofort.»

Besonders unangenehm findet sie die Klassiker: «Laute Telefongespräche, Videos mit Ton, Füsse auf den Polstern oder: der Widerwille, Gepäck von freien Sitzen zu räumen – selbst wenn der Zug voll ist.»

So sollte man bei Grüsel-Aktionen reagieren

Während die SBB zum direkten Gespräch rät, bevorzugt Abplanalp dezentere Hinweise: «Als mein Sitznachbar stark erkältet war und ständig den Schnodder am Ärmel abwischte, bot ich ihm ein Taschentuch an.» Dankbar nahm die Person es an und entschuldigte sich.

Zug
Ein weiteres klassisches No-Go: Lautes Telefonieren im Zug. Dieser Pendler tat es letzten Sommer sogar im Ruheabteil – auf Lautsprecher. - zVg

Auch in anderen Situationen kann ein kleiner Hinweis wirken – zum Beispiel bei jemandem, der im Zug Nägel knipst: «Man könnte freundlich darauf hinweisen, dass etwas auf den Boden gefallen ist.»

Ein Grundproblem sieht die Benimm-Fachfrau im fehlenden Mut, andere auf Fehlverhalten anzusprechen. «Viele trauen sich einfach nicht, etwas zu sagen – oft auch das Personal.»

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