Bern: Abzocke mit dreisten Untermieten nimmt wegen Wohnungsmangel zu

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Bern,

Illegale Untermietverhältnisse nehmen zu, warnen Hauseigentümer. Oft wüssten die Vermieter von nichts. Der Mieterverband beschwichtigt.

Untermiete
In der Schweiz mangelt es an Wohnungen. Das nutzen einige aus. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Städten wie Bern häufen sich Fälle von illegalen und überteuerten Untermieten.
  • Der Hauseigentümerverband fordert strengere Regeln.
  • Der Mieterverband beschwichtigt – und wehrt sich gegen die Gesetzesänderung.
  • Die Schweizer Stimmbevölkerung stimmt am 24. November 2024 darüber ab.

Nau.ch-Leser Thomas Keller* ist irritiert. Der Aargauer sucht derzeit in der Stadt Bern ein WG-Zimmer. Zwar kriegt er in vielen WGs ein Zimmer angeboten, doch mancherorts will man ihm keinen Untermietvertrag ausstellen.

«Da ist doch was faul», vermutet er. Sein Verdacht: Will man ihm etwa ein Zimmer zu einem überrissenen Mietzins andrehen? Oder hat der Vermieter etwa gar nicht seine Erlaubnis gegeben?

Nau.ch kennt ein solches Beispiel. Ein Hauptmieter in der Berner Altstadt nimmt mit seinen Untervermietungen deutlich mehr ein, als er dem Vermieter selbst bezahlen muss.

Die Wohnung ist regelmässig überbelegt – und der Vermieter wird über die wechselnden Untermieter nicht informiert. Der Hauptmieter macht also ein gutes Geschäft.

Welches Mietverhältnis hast du?

Nehmen illegale Untermieten zu? Ja, heisst es beim Hauseigentümerverband (HEV).

«Das mit den illegalen Untermieten ist ein heute leider bekanntes und verbreitetes Problem. Vor allem in Städten und grösseren Agglomerationen», klagt Direktor Markus Meier bei Nau.ch.

Erhebungen oder Statistiken gebe es dazu zwar keine, sagt Meier. Aber: «Wir stellen in der Rechtsberatung fest, dass die Fälle in den letzten Jahren offensichtlich stark zugenommen haben.»

Grund dafür ist der knappe Wohnraum in vielen Orten. «Dies wird leider von Mietern mit günstigen Mietwohnungen vermehrt ausgenutzt.»

Konkret sieht das so aus: «Immer wieder treten Fälle auf, in denen eine Mietpartei mit einer günstigen Mietwohnung mit horrenden Untermietzinsen Geschäfte macht. Statt sie selber zu bewohnen», so der HEV-Direktor.

Mit Untervermietung darf kein Gewinn erzielt werden

Grundsätzlich ist die Untermiete in der Schweiz erlaubt. Allerdings muss der Hauptmieter seinen Vermieter über die Untervermietung informieren und ihm die Bedingungen offenlegen.

Der Vermieter kann eine Untermiete dann verbieten, wenn für ihn wesentliche Nachteile entstehen. Zum Beispiel, wenn ein Geschäftslokal zu einem Mietlokal zweckentfremdet wird – oder umgekehrt. Oder wenn die Wohnung massiv überbelegt wird, also zu viele Menschen darin wohnen.

Oder aber, wenn die Bedingungen der Untermiete im Vergleich zum Hauptmietvertrag missbräuchlich sind. Will heissen: Wenn sich der Hauptmieter mit einem übersetzten Mietzins bereichert. Bei möblierten Wohnungen darf ein Aufschlag von höchstens 20 Prozent erhoben werden.

Kein schriftlicher Vertrag nötig

Überteuerte Untermieten sind auch dem Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz ein Dorn im Auge. «Grundsätzlich sollte mit Untermieten kein Gewinn erzielt werden. Das ist nicht die Idee des Gesetzgebers», sagt Fabian Gloor, Leiter des Rechtsdiensts, zu Nau.ch.

«Die meisten Untermieten sind korrekt. Es gibt nur wenige schwarze Schafe», sagt Gloor – und widerspricht damit der Auffassung des Hauseigentümerverbands.

Untermietvertrag
Grundsätzlich braucht man keinen schriftlichen Untermietvertrag. Es wird aber einer empfohlen. - MV Schweiz

Grundsätzlich müssen die Bedingungen der Untermiete nicht in einem schriftlichen Vertrag festgehalten werden. Der Vertrag könne auch mündlich oder stillschweigend abgeschlossen werden. «Allerdings können dann Beweisprobleme auftreten», warnt Gloor. Deshalb empfiehlt der Mieterinnen- und Mieterverband grundsätzlich immer einen schriftlichen Vertrag.

Hauseigentümerverband hat für strengere Regeln lobbyiert

Der Hauseigentümerverband will die Bedingungen für die Untermiete verschärfen. Neu soll eine schriftliche Zustimmung des Vermieters zwingend sein. Und die Untervermietung soll auf höchstens zwei Jahre begrenzt sein.

«Dadurch wird sichergestellt, dass der Vermieter darüber informiert ist, wer sein Mietobjekt wie verwendet», sagt Markus Meier, Direktor des Hauseigentümerverbands. Allfällige Verstösse könnten so einfacher bewiesen werden. «Das neue schriftliche Festhalten der Bedingungen schützt damit vor allem auch die Untermieter.»

Mieterverband wehrt sich gegen Gesetzes-Änderung

Dagegen wehrt sich der Mieterinnen- und Mieterverband. Fabian Gloor vermutet einen anderen Grund, warum Vermietende die Untermieten einschränken wollen: «Mit jedem Hauptmieterwechsel besteht die Möglichkeit, den Mietzins hochzuschrauben. Ändert sich nur der Untermieter, ist das schwieriger.»

Nimmst du an eidgenössischen Abstimmungen teil?

Eine zeitliche Begrenzung der Untervermietung hätte auch für WGs Folgen: WGs, die teils auf längere Zeit Bestand haben sollen, würden so in Zukunft verunmöglicht, warnt Gloor.

Das Parlament hat die neuen Regeln für Untervermietungen bereits beschlossen. Doch gegen die Änderung im Obligationenrecht wurde erfolgreich das Referendum ergriffen. Die Schweizer Stimmbevölkerung stimmt am 24. November 2024 über die Gesetzesänderung ab.

* Name von der Redaktion geändert

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Kommentare

User #5165 (nicht angemeldet)

Die Gemeinden sehen ja die Mietverträge und schauen nur zu. Warum?

User #4322 (nicht angemeldet)

Welche Wähler sitzen denn in in den Wohngemeinschaften?

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