Autor: «Entschuldigung» statt «Fräulein» geht gar nicht!
Einige rufen die Kellnerin noch immer «Fräulein» – zum Frust vieler Frauen. «Entschuldigung» wird als Alternative vorgeschlagen, doch auch das sorgt für Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Einige Gäste rufen die Kellnerin in der Beiz immer noch mit «Fräulein», obwohl verpönt.
- Die Gewerkschaft Unia schlägt als Alternative vor, «entschuldigen Sie» zu sagen.
- Doch auch das finden einige störend – «Warum muss ich mich entschuldigen?»
Das «Fräulein» ist je nach Region seit über 50 oder zumindest seit über 30 Jahren abgeschafft. Einige Gäste hält das jedoch nicht davon ab, die Kellnerin in der Beiz immer noch so zu rufen.
Das sorgt für Kritik: Der Begriff «wird von den meisten Frauen heute als frech empfunden», sagte Geschlechterforscherin Laura Eigenmann kürzlich zu Nau.ch.
Will man das Servicepersonal rufen, schlägt die Gewerkschaft Unia als Alternative vor, «entschuldigen Sie, die Rechnung bitte!» zu sagen. Doch auch dieser Vorschlag kommt nicht überall gut an.
«Warum muss ich mich entschuldigen?»
«Warum muss ich mich entschuldigen, wenn ich bezahlen will?», ärgert sich der Glarner Autor Thomas Spälti*.
«Ich meine, es sollte gar nicht zu solchen Situationen kommen.» Schliesslich sei es ja klar, dass nach dem Essen die Bezahlung folgt. Da sollte das Servicepersonal von sich aus an den Tisch kommen, findet er.
Er verstehe aber auch die Überlegung hinter der Entschuldigung. «Es stimmt schon, wenn ich Exgüsé oder Tschuldigung rufe, dann ist es eine Höflichkeitsfloskel.» Dennoch rege er sich immer wieder auf, dass er überhaupt erst rufen müsse. «Ich erwarte, dass das Personal mehr Engagement zeigt.»
«Service» statt «Entschuldigung»
Klar findet aber auch Spälti: «Fräulein geht gar nicht. Weder bei einer unverheirateten Frau, noch sonst.» Man sollte sich Mühe geben, wenn man schon wisse, dass Fräulein verpönt ist.
«Es gab eine Zeit, wo die mit ‹Frau› angesprochene Person voller Stolz sagte ‹nein, Fräulein!› Aber die Welt dreht sich und gewisse Ausdrücke sind ein alter Hut, das muss man akzeptieren.»
Er erinnere sich auch, wie er im Französisch-Unterricht 1970 noch Garçon (Deutsch: «Bub») für Kellner gelernt hatte. «Auf der Schulreise ins Welsche kam das mässig an.»
Statt «Fräulein», «Garçon» oder «Entschuldigung» rät der Autor deshalb: «Ich rufe jeweils ‹Service›, das geht bei allen Geschlechtern.»
«Die gehört noch niemandem, die ist Freiwild»
Laut Unia-Sprecherin Elisabeth Fannin wird das «Fräulein» von einigen Kellnerinnen keck gekontert: «Wir kennen Fälle von Kolleginnen, die die Herrschaft dann konsequent mit Herrlein ansprachen oder den Gast weggeschickt haben.»
Dass das Fräulein heute verpönt ist, hat laut Geschlechterforscherin Eigenmann vor allem mit der historischen Verwendung des Wortes zu tun. Früher seien unverheiratete Frauen so bezeichnet worden, um klarzumachen: «Die gehört noch niemandem, die ist Freiwild.»
Die Frauen hätten es anmassend gefunden, schon in der Anrede stark über ihre Beziehung zu einem Mann definiert zu werden. Der Konsens: «Service», «Entschuldigung» und Co. sind besser als «Fräulein» oder «Garçon».
*Spälti ist Autor des Buchs «Nur ein Wort», das sich mit der Herkunft von Schweizerdeutschen Ausdrücken befasst.