Bei den Uhren-Zulieferern droht Entlassungswelle
Aufgrund der Coronakrise sinken die Absatzmengen der Uhren-Zulieferer. Deswegen sind in vielen Unternehmen Arbeitsplätze bedroht.
Das Wichtigste in Kürze
- Weltweit ist aufgrund der Coronakrise ein Rückgang der Uhrenverkäufe zu verzeichnen.
- Die Auswirkungen der Pandemie treffen somit auch die Uhren-Zulieferer hart.
- In vielen Unternehmen drohen nun Entlassungen.
Die Corona-Pandemie hat weltweit die Uhrenverkäufe einbrechen lassen. Das trifft die Schweizer Uhren-Zulieferer hart. Dauert die Krise an, droht eine Welle von Entlassungen.
«Wir leiden, aber wir können uns im Moment noch halten», sagt François Billig gegenüber AWP. Er ist CEO von Acrotec, einem der grossen unabhängigen Schweizer Uhren-Zulieferer. «Zum Jahresende rechnen wir mit einem Umsatzrückgang von rund 15 Prozent. Das Minus wurde dank unserer Diversifikation abgefedert», so der Manager.
Die Uhrenindustrie macht rund die Hälfte des Konzernumsatzes aus. Zudem werden Komponenten für medizinische Geräte, Autos und die Luftfahrt hergestellt. Die Uhrensparte des jurassischen Unternehmens könnte einen Umsatzrückgang von rund 20 Prozent verkraften. «Aber auf dieser Ebene gibt es immer noch viele Unsicherheiten», räumt Billig ein.
Absatzmengen sinken wegen der Coronakrise
Die Schwierigkeiten bei der Projektierung und Planung, die mit der Pandemie einhergehen, behindern die Uhr-Zulieferer. «Seit März haben einige Firmen 20 bis 80 Prozent ihrer Bestellungen verloren», sagte Alexandre Catton. Er ist der Direktor der Messe EPHJ für Uhr- und Mikrotechnikzulieferer. «Bei den Bestellungen haben einige Unternehmen diese über mehrere Monate verteilt, damit sie die Aktivität aufrechterhalten und Arbeitsplätze erhalten können.»
Darüber hinaus erwartet die Wirtschaftskammer (CEP) des Berner Jura für das dritte Quartal einen weiteren Rückgang des Geschäftsvolumens. Immerhin sollte dieser laut den Angaben aber weniger ausgeprägt ausfallen als im zweiten Quartal. Der Berner Jura ist eine Region mit vielen Uhren-Zulieferern.
«In der Uhrenindustrie ist der Gesamtabsatz sehr wichtig, aber auch die Absätze der einzelnen Marken», betont der Direktor von CEP. Einige Uhrenmarken und damit auch ihre Zulieferer halten sich zwar gut, aber viele leiden unter den Folgen der Pandemie. In den ersten acht Monaten des Jahres gingen die Uhrenexporte um rund 31 Prozent auf 9,8 Milliarden Franken zurück.
Der CEP-Chef Patrick Linder befürchtet, dass insbesondere Zulieferer für mechanische Uhren im mittleren Preissegment zwischen 1'000 und 3'000 Franken leiden. Dies, da hier die Absatzmengen während der Krise drastisch gesunken sind. Die Krise habe hier die bestehende Entwicklung beschleunigt. «Wenn die Absatzmengen nicht mehr sicher sind, ist es klar, dass sich die Unternehmen verkleinern müssen», warnt Linder.
Es drohen Entlassungen
«Wir glauben, dass es mindestens 5'000 Entlassungen in der Zulieferindustrie geben wird», sagte David Sokoloff. Er ist einer der Gründer des Zulieferer-Verbandes SIHS.
Innerhalb der Branche ist die Lage sehr uneinheitlich. Der Acrotec-Chef etwa denkt derzeit noch nicht daran, die Anzahl der Mitarbeiter zu reduzieren. «Wir sind ein solides Unternehmen, aber nicht unsinkbar. Wenn die Krise zu lange dauert, müssen auch wir darüber nachdenken», sagt François Billig.
Einige Zulieferer wie Gilbert Petit-Jean aus Neuenburg mussten dagegen bereits ihre Belegschaft reduzieren. Die Dracogroup hat die Insolvenz von drei der fünf Tochtergesellschaften angekündigt.
Schlimmeres verhindert hat bislang die Kurzarbeit. Dadurch können Unternehmen ihre Kosten vorübergehend senken und Mitarbeiter halten. «In der Uhrenindustrie gibt es zwischen 26'000 und 28'000 Menschen in Kurzarbeit», betont François Matile, Generalsekretär des Arbeitgeberverbandes der Uhrenindustrie. Dies entspricht mehr als 50 Prozent der Belegschaft in dieser Branche.
Matile erwartet zwar ebenfalls einen Stellenabbau, erinnert aber zugleich an die Finanzkrise 2008-2009. Damals wurden 4'000 Arbeitsplätze oder 8 Prozent der Gesamtbelegschaft abgebaut. Es gab 2'000 Entlassungen und 2'000 Stellen wurden nicht ersetzt. «Nach der Finanzkrise stieg die Zahl der Stellen aber wieder an und erholte sich.»