Bekommt die SP bald eine neue Parteipräsidentin?
Die Parlamentswahlen 2019 waren in vieler Hinsicht historisch. Für die SP auch historisch schlecht. Wer rudert die Sozialdemokraten nun durch die grüne Welle?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Parlamentswahlen brachten Frauen, Grüne und einen Schock für die SP.
- Das Ende der Präsidentschaft von Christian Levrat scheint klar. Folgen soll eine Frau.
- Allerdings wäre auch ein Co-Präsidium, etwa mit Cédric Wermuth und Mattea Meyer, denkbar.
Die eidgenössischen Wahlen vom Sonntag glichen einer Brandung. Da gab es die grüne Welle. Dazu die Frauen-Welle.
Im Weisswasser tummeln sich die Jungen. Die Schaumkronen sind links.
Nur etwas, das war die Brandung nicht: Rot. Die Sozialdemokraten fuhren das schlechteste Wahlresultat der Parteigeschichte ein. Mindestens vier Sitzverluste stehen bereits fest.
Die zweiten Wahlgänge, die in vielen Kantonen für den Ständerat abstehen, könnten die SP noch weiter ins Minus drängen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Parteipräsident Christian Levrat abtritt, wächst.
Zwar möchte sich bei der SP niemand explizit äussern. Auch Rücktrittsforderungen sind keine bekannt. Das scheint allerdings auch gar nicht nötig.
Alle zwei Jahre treffen sich die Sozialdemokraten zum Parteitag. Im April 2020 ist es wieder soweit. Höchstwahrscheinlich wird die Ära Levrat hier enden. Doch wer folgt auf den 49-jährigen Romand?
Die SP – eine Herren-Partei?
12 Jahre ist Herr Levrat nun schon der höchste Sozialdemokrat. Seit deren acht Jahren bekleidet auch ein Herr das Amt des Fraktionspräsidenten. Erst war das Herr Andy Tschümperlin. Aktuell – und zumindest, wenn es nach ihm geht, noch lange – Herr Roger Nordmann.
Das sind viele Herren in der Leitung einer Partei, die dezidiert auf Gleichberechtigung und -vertretung setzt. Die mit frischer, feministischer Politik die Schweiz verändern will.
Das sieht auch der frisch gewählte Bündner Nationalrat Jon Pult so. Er war lange Zeit als Levrats möglicher Nachfolger angesehen worden. In der «SRF» Wahlbesprechung nahm er sich nun selbst aus dem Rennen. «Es ist Zeit für eine Frau», sagte Pult dort.
Eine Frau – doch welche?
Denkbar und von der SP-Leitung sehr erwünscht wäre wohl eine Präsidentin Flavia Wasserfallen. Als ehemalige Co-Generalsekretärin kennt sie sich in der Parteizentrale bereits bestens aus und ist gut vernetzt.
Auch die Bernerin Nadine Masshardt (35) geniesst grosses Vertrauen in ihrer Partei. Als nationale Wahlkampfleiterin ist sie aktuell allerdings mit den zweiten Wahlgängen beschäftigt.
Nicht auszuschliessen ist eine Präsidentin Mattea Meyer (31). Sie tat bereits kund, dass das Amt sie reizen würde. Meyer verkörpert mit ihrem Alter, ihren Themen und ihrem Engagement für feministische Anliegen den Wandel, von dem die SP träumt.
Wer nicht auf jung und neu setzen will, denkt an Barbara Gysi. Die Vizepräsidentin der SP bringt nüchterne Strategie, Erfahrung und Dossierfestigkeit mit.
Neben den möglichen Frau Präsidentinnen träumen allerdings auch immer noch mindestens zwei Männer. Da wäre einerseits der Basler Beat Jans, ebenfalls Vize. Mit Co-Vize Gysi teilt Jans nicht nur die Erfahrung, sondern auch den Jahrgang. Beide verkörpern den gewünschten Wandel darum höchstwahrscheinlich zu wenig.
SP Co-Präsidium möglich
Anders sieht es beim 33-jährigen Cédric Wermuth aus. Der Nationalrat und ehemalige Juso-Präsident hat eben seine Ständeratskandidatur zurückgezogen. Nach einem vielbeachteten Wahlkampf. Und zu Gunsten einer Frau.
Für ihn könnte damit die sprichwörtlich andere Tür aufgehen, wie kürzlich der «Blick» schrieb. Nicht als alleiniger Parteipräsident. Dafür ist Wermuth zu sehr Herr. Aber als Co-Präsident, beispielsweise in Zusammenarbeit mit Mattea Meyer.
Frau Meyer und Herr Wermuth. Beide sind jung, beide haben kleine Kinder, beide sind schon sehr lange befreundet. Zusammen repräsentieren sie die neue SP– gleichberechtigt, gleichbesetzt und work-life-balanciert – vortrefflich.