Berner Bar macht vor Eintritt Benimm-Test mit Männer-Gruppen
Wer in Bern in den Ausgang will, muss teilweise zuerst ein Benimm-Plakat lesen – oder wird sogar zu den Hausregeln abgefragt. Ein Wirt erklärt, warum.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor mehreren Berner Nachtclubs und Bars hängen Plakate mit Benimm-Regeln.
- Ein Wirt begründet: Männer unter Alkoholeinfluss würden oft Grenzen überschreiten.
- Manchmal werden Ausgängerinnen und Ausgänger vor dem Eintritt sogar abgefragt.
André F.* (28) will mit seinen Freunden einen gemütlichen Samstagabend in Bern verbringen. Die fünf Männer steuern die Café-Bar Turnhalle im Stadtzentrum an.
«Als wir rein wollten, hielt die Türsteherin uns an und frage, ob wir das Plakat gelesen hatten. Ich hatte ehrlich gesagt nicht einmal eines gesehen und sagte trotzdem einfach ja», erzählt er Nau.ch.
Das scheint die Türsteherin zu bemerken. «Sie deutete auf eine Liste mit Regeln und sagte, wir sollen die gut durchlesen.»
«War ein wenig verdutzt»
Auf dem Plakat, das auch Nau.ch vorliegt, steht unter anderem: «Wir tolerieren hier weder verbale, physische und/oder psychische Grenzüberschreitungen, noch diskriminierendes Verhalten jeglicher Art. Interaktionen geschehen ausschliesslich auf gegenseitigem Einverständnis.»
Die Gruppe schaut sich die Regeln an und will eintreten. Doch die Türsteherin stoppt sie erneut: «Sie nahm dann einen meiner Kollegen heraus und fragte, ob er wisse, was Ableismus ist. Weder ich noch er kannten den Begriff – er sagte einfach, dass man alle mit Respekt behandeln sollte.»
Damit kommen die Männer durch und dürfen rein. «Ich war ein wenig verdutzt. Ich musste noch nie einen Test absolvieren, bevor ich in einen Club oder eine Bar reingelassen wurde», lacht F.
Männer überschreiten im Ausgang «immer wieder Grenzen»
Was steckt dahinter? Michael Fankhauser, Betriebsleiter der Turnhalle, erklärt bei Nau.ch: «Wir haben immer wieder meist männlich gelesene Gäste, häufig unter Alkoholeinfluss, die die Grenzen anderer überschreiten. Wenn diese dann noch in Gruppen eintreffen, ist bei uns immer besondere Aufmerksamkeit gefordert.»
Er wolle, dass sich alle wohl und sicher fühlen. Fankhauser betont aber: «Wir würden sicher niemanden wegschicken, weil er nicht weiss, was Ableismus ist. Aber die Reaktion auf diese Frage zeigt meist schon, wie jemand drauf ist.»
Übrigens: Ableismus steht für Diskriminierung von Menschen wegen körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen.
Neben der Turnhalle setzt auch der Nachtclub ISC auf ein ähnliches Konzept. Dort werden Gäste vor dem Eintritt auf ein Regel-Plakat hingewiesen. Präsidentin Jacqueline Brügger erklärt, dass man das Konzept kürzlich überarbeitet habe, um klarer zu kommunizieren.
«Wir wollen einen möglichst sicheren Raum schaffen, in dem sich alle wohlfühlen», begründet Brügger. «Da ist es natürlich der einfachste Weg, wenn die Spielregeln schon vor Eintritt so mitgeteilt werden. Ein Quiz machen wir aber nicht – wir bitten lediglich um Kenntnisnahme.»
*Name der Redaktion bekannt