«Bi Ihne»: Berner Kellnerin spricht Zürideutsch – Gäste verärgert
«Isch bi Ihne no alles ir Ordnig?», fragt eine Angestellte in einem urchigen Emmentaler Gasthof. Das sorgt für Ärger.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Berndeutschen wird eine andere Höflichkeitsform benutzt als in anderen Kantonen.
- Diese wird oftmals fälschlicherweise als Duzen aufgefasst – was schlecht ankommen kann.
- Also passt sich die Berner Gastronomie an. Sehr zum Ärger von Berndeutsch-Fans.
Das ist doch kein richtiges Berndeutsch! Marianne Schmid ist schockiert darüber, wie sie von der jungen Servicefachfrau in einem traditionellen Restaurant im Emmental angesprochen wird.
Statt wie im Berndeutsch üblichen «Isch bi Euch aues ir Ornig?» wird sie «Isch bi Ihne no aues in Ornig?» gefragt. Darüber berichtet der «Bund».
Schmid ärgert sich: «Ich finde es ganz und gar nicht gut, wenn man im tiefsten Herzen des Emmentals, immerhin der Heimat von Jeremias Gotthelf, mit der falschen Höflichkeitsform angesprochen wird.»
Sie fragt die sonst Berndeutsch sprechende Kellnerin, warum sie «Ihnen» sage. Diese erklärt, sie habe das so in der Berufsschule gelernt. Dort sei ihr beigebracht worden, dass das berndeutsche «Dir» und «Euch» verboten sei.
Nicht-Bernerinnen und -Berner fühlen sich geduzt
Stimmt das? Matthias Achtnich, Geschäftsführer von «Hotel und Gastro Formation Bern», sagt gegenüber dem «Bund»: «Es ist nun mal so, dass ‹Dir› in den Ohren von vielen Nicht-Bernerinnen und -Bernern klingt, als würden sie geduzt.»
Dies könne als frech herüberkommen – «Sie» sei deshalb die sicherere Variante. Verboten sei die Berndeutsche Höflichkeitsform aber nicht.
Im Berndeutschen wird die zweite Person plural als Höflichkeitsform verwendet. Heisst: Statt «Sie» und «Ihnen» sagen die Bernerinnen und Berner «Dir» und «Euch».
Dies wurde von der französischen «Vous»-Höflichkeitsform übernommen und findet seinen Ursprung im Mittelalter, schreibt die «Berner Zeitung» (BZ).
Damals galt es als vornehm, französische Wörter und Strukturen ins Deutsche einzubauen. Während die anderen deutschsprachigen Kantone jedoch zu ihrer «Ihnen»-Form zurückkehrten, blieb der Brauch im Berndeutschen haften. Das Französische ist bis heute im Berndeutsch stark vertreten.