Blausee: Besitzer wollen Fischsterben lückenlos aufklären
Seit über zwei Jahren verenden tonnenweise Forellen im Blausee. Dessen Besitzer haben Anzeige erstattet und informieren an einer Pressekonferenz.
Das Wichtigste in Kürze
- In den letzten zwei Jahren starben im Blausee tausende Fische.
- Die Blausee AG hegt den Verdacht, dass dies das Resultat illegaler Aktivitäten ist.
- Sie hat deswegen Ende Juli Anzeige gegen unbekannte Täterschaft eingereicht.
- Am Donnerstag erläutern die prominenten Besitzer des Blausees die Details.
Der Blausee ist beliebtes Ausflugsziel im Berner Oberland. Die Oase der Ruhe mit See, Wellnesshotel und Forellenzucht lockt jährlich tausende Besucher an.
Aus der Oase der Ruhe ist jedoch in den vergangenen Jahren eine Stätte des Todes geworden. Gemäss Angaben der Blausee AG starben in den vergangenen zweieinhalb Jahren in der Forellenzucht tausende Fische. Grund für das mysteriöse Verenden ist offenbar verschmutztes Grund- und Trinkwasser.
Auch aufgrund der Recherchen der SRF-Rundschau und Tamedia hegt die Blausee AG inzwischen einen dringenden Verdacht für die Verschmutzung.
Im Speziellen geht es um verschmutzten Gleisaushub aus dem Tunnel, der in den Steinbruch Mitholz verfrachtet wurde. Dieser befindet sich keine zwei Kilometer oberhalb des Blausees. Im Steinbruch soll der Aushub illegal behandelt und deponiert worden sein.
Die Schadstoffe (Schwermetalle und PAK) sollen ins Grundwasser gelangt sein und von da aus in die Fischzuchtanlage der Blausee AG und in den Blausee. Die Blausee AG hat am 24. Juli 2020 Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Region Oberland gegen unbekannte Täterschaft eingereicht.
Wie die Blausee AG am Donnerstag an einer Pressekonferenz festhält, bestehe der dringende Verdacht, «dass Quelle der Verschmutzung illegale Aktivitäten sind, die im Zusammenhang mit der Sanierung des Lötschberg-Scheiteltunnels stehen».
«Systemisches Versagen der Aufsichtsbehörden»
Bis heute werde praktisch jede Nacht Sondermüll auf den Steinbruch gefahren. Linder zeigt an der Pressekonferenz Aufnahmen einer Überwachungskamera, auf denen Bagger den Schotter abladen: «Der Schotter gilt als das gefährlichste Umweltgift.»
Wie er im Nau.ch-Interview erklärt, sei er «erschüttert, dass es so lange geht, bis die Behörden aktiv werden». Obwohl man seit vier Monaten Kenntnis von den aus Sicht der Blausee AG illegalen Aktivitäten habe.
Man fühle sich von Behörden und Kontrollstellen im Stich gelassen. «Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so etwas in der Schweiz passiert.» Es seien so viele Aufsichtsstellen bei einer solchen Baustelle involviert, «wie kann ein Umweltskandal in dieser Dimension möglich sein?»
«Systemisches Versagen der Aufsichtsbehörden», wirft Fürsprecher Rolf P. Steinegger den Behörden vor. Das müsse die Staatsanwaltschaft dringend beleuchten.
Er nennt das Problem der Gruppendynamik als mitentscheidend. «Man kennt sich seit X Jahren, arbeitet schon lange zusammen und muss auch in den nächsten 20 Jahren tun, hier kommt es zu Absprachen, man schont sich gegenseitig», das seien sehr heikle Prozesse.
Steinegger glaubt gar: «Wir müssen immer mehr von Versagen der Aufsichtsbehörden reden.» Es sei befremdend.
Die Blausee AG wirft den Behörden vor, weggeschaut zu haben. Die Polizei soll eine Untersuchung verhindert haben, sagt Linder. So hätten keine Proben genommen werden können. Eine geplante Razzia sei kurzfristig abgesagt worden.
40 Tonnen Fische sind insgesamt gestorben. Bestandestierarzt Ralph Knüsel betreut die Zucht im Blausee schon seit Jahren, wie er an der Pressekonferenz erläutert. Die Fische hätten abgespreizte Kiemen gehabt, starke Atemnot, trotz eingeleiteter Gegenmassnahmen seien viele in der Folge gestorben. Sie hätten viele Fische untersucht, bei welchen eine Vergiftung nachgewiesen werden konnte.
Sorgen um Grundwasser für die Bevölkerung im Tal
Nicht nur die Fischzucht im Blausee sei gefährdet, auch die Bevölkerung im Tal, warnt Linder. «Wir haben bereits am 3. Juni gemeldet, man müsse mit diesen Gemeinden, die Trinkwasser aus dem Grundwasser pumpen, Kontakt aufnehmen und es auf mögliche Giftstoffe prüfen.»
Linder befürchtete über lange Zeit, dass die Bevölkerung keine Kenntnis davon habe. Mit dem grossen medialen Interesse schöpft er Zuversicht. «Wir hoffen, dass diese Sauerei sofort aufhört!» Dass der Skandal internationale Touristen abschrecken könnte, gar ein Reputationsschaden entstehen könnte, glaubt Linder hingegen nicht.
Die Trübung im See sei beseitigt, das Problem mit den Forellen grösstenteils behoben, «es sterben nur noch vereinzelt Fische».
Mitbesitzer Philipp M. Hildebrand, ehemaliger Direktor der Schweizerischen Nationalbank, stellt klar: «Uns bleibt keine andere Wahl, als diese Strafanzeige zu lancieren und sie mit aller Konsequenz weiter umzusetzen.» Trotzdem werde Verwaltungsratspräsident Stefan Linder der alleinige Sprecher sein in der Angelegenheit. «Ich stehe aber vollumfänglich hinter jedem seiner Worte.»