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Boomer-Nachrichten stossen Junge vor den Kopf

Aline Schmassmann
Aline Schmassmann

Fribourg,

Wer eine Textnachricht schreibt, verfolgt «selbstverständliche» Regeln. Die Krux? Die Generationen schreiben nach verschiedenen Regeln – und wissen es nicht.

Textnachricht im Boomer-Schreibstil
Ein solcher Schreibstil löst die unterschiedlichsten Reaktionen aus: Was die einen völlig unberührt lässt, treibt die anderen bis zur Weissglut. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Alte schreiben anders als Junge – das führt zu Missverständnissen.
  • Was für die einen normal ist, macht die anderen hässig.
  • So können etwa Grossbuchstaben oder «...» die Gen Z überrumpeln.

Geballte Fäuste gegen das Display – Auslöser sind da jeweils nicht nur lästige Update-Aufforderungen oder schlechtes Internet. Auch die Textnachrichten der älteren Generationen können Junge in den Wahnsinn treiben. Die Kommunikation via Textnachrichten verläuft hier nämlich alles andere als reibungslos.

Denn die Generationen schreiben nach ihren eigenen Regeln. Ein Beispiel: Was bedeutet es, wenn ganze Wörter oder Abschnitte komplett in Grossbuchstaben geschrieben werden?

«Keine Frage, der grossgeschriebene Abschnitt soll als ‹geschrien› gelesen werden.» Das denkt zumindest jede Person unter 30. Dass dies je nach Sender aber gar nicht so beabsichtigt ist, erklärt der Freiburger Medienkompetenz-Experte Patric Raemy.

«‹Text› ist eine ziemlich emotionsarme Kommunikationsform», führt Raemy weiter aus. In eine Textnachricht liesse sich auch schnell etwas hineininterpretieren.

So könne auch ein grossgeschriebener Abschnitt verschiedene Bedeutungen haben. Entgegen der Interpretation von «Geschrei» könne es sich etwa auch um einen Hinweis handeln: Der entsprechende Abschnitt soll betont werden – und zwar völlig emotionsneutral.

Pünktli sorgen für Verwirrung

Solch ein unterschiedliches Verständnis gibt es auch für Auslassungspunkte. Während Boomer und Gen X nach gefühlt jedem Satz ein «...» setzen, gehen Junge sparsam mit den Punkten um.

«Punkt Punkt Punkt» schreibt die Gen Z dann, wenn sie subtil auf etwas hinweisen möchte. Entsprechend ist die Verwirrung gross, wenn der ältere Chef plötzlich zig dieser bedeutungsschwangeren Punkte setzt. «WILLST DU MIR ETWAS SAGEN?», würden da die ein oder anderen gerne – bewusst schreiend – zurückschreiben.

Was meinst du ... ist DIESE FRAGE aggressiv formuliert??

Und nein, will er nicht, erklärt Linguist Adem Aleksic in einem seiner Videos auf Instagram. Für ältere Generationen dienen die Auslassungspunkte lediglich der Beendung eines Gedankens – auch hier, völlig emotionsneutral.

20 Rappen für jedes «Enter»

Wie es zu einem so unterschiedlichen Verständnis kommt, erklärt Kommunikations-Expertin Marlies Whitehouse. Sie erinnert: Die älteren Generationen hätten zu einer Zeit schreiben gelernt, in der man noch auf Schreibmaschinen tippte und über Briefe kommunizierte.

Die heutigen Optionen von «Kursiv», «Unterstrichen» oder «Texthervorhebungsfarbe» habe die Schreibmaschine alle nicht gehabt. Wenn man also ein Wort hervorheben wollte, waren Grossbuchstaben die einzige Möglichkeit.

Auch generell stellt Whitehouse ein anderes Verhältnis zu Textnachrichten fest. «Ich überlege beispielsweise immer im Vorhinein, was ich einer Person alles mitteilen möchte.» Die Gedanken würden dann als schön geordnete, meist eher längere Nachricht versendet.

«Diese Sparsamkeit habe ich wohl von früher.» Man stelle sich mal die Rechnung vor, wenn sie für jeden Gedanken einen neuen Brief versendet hätten.

Die Fernkommunikation blieb noch lange teuer – auch SMS waren früher zahlungspflichtig. Jedes «Enter» entsprach 20 Rappen, weil die Nachricht mit dem Drücken der «Enter»-Taste abgeschickt wurde. Da trennen ältere Semester ihre Gedanken lieber mit Auslassungspunkten ab ...

Kein Richtig oder Falsch

Solche generationsbedingten Unterschiede seien komplett normal, erklärt Medienkompetenz-Experte Raemy.

Wo immer Gruppen vermehrt miteinander in Kontakt stünden, würde sich eine eigene Kultur mit eigenen Normen entwickeln. Wichtig ist Raemy vor allem eines: «Die älteren Generationen schreiben keinesfalls ‹falsch› – sie schreiben lediglich anders.»

Auch Whitehouse plädiert für Nachsicht von beiden Seiten. Sie ist sich sicher: Die verschiedenen Generationen wissen oft nicht, dass andere ihren Schreibstil als aggressiv oder unhöflich empfinden könnten.

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