Brian geniesst Freiheit mit Spaghetti und Barberbesuch
Brian steht nach seiner Freilassung heute vor einer grossen Herausforderung. Zuerst ging es ins Restaurant und zum Barber.
Das Wichtigste in Kürze
- Für den wohl berühmtesten Straftäter der Schweiz beginnt heute ein neues Leben.
- Laut einem Experten besteht die Gefahr, dass sich Brian mit den falschen Leuten trifft.
- Wer dem 28-Jährigen über den Weg läuft, solle diesen so behandeln wie jeden anderen auch.
- Brian hat sich nach seiner Freilassung am Morgen gegenüber Medien geäussert.
Jetzt ist es endlich so weit: Brian wurde heute Morgen aus der Haft entlassen. Kurz vor 10 Uhr trat er vor die Medien: Er freue sich natürlich sehr, frei zu sein. «Jetzt beginnt das Leben.» Brian zeigt sich vom grossen Medienauflauf überrascht, er habe nicht so viele Leute erwartet.
Als Erstes gehe er nun mit seinen Anwälten etwas essen. «Ich glaube, ich esse Spaghetti mit Scampi.» Ein Bild davon teilte er später in den sozialen Medien. Danach stand am ersten Tag in Freiheit auch noch ein Besuch beim Barber auf dem Programm: «Fresh», freut sich Brian über seinen neuen Look.
Geschlafen wie ein Baby
Nachdem er die beiden Nächte zuvor «nur zwei Stunden» geschlafen habe, sei es in der Nacht vor seiner Freilassung besser gewesen, sagt Brian am Vormittag zu den versammelten Medien. «Wie ein Baby» habe er geschlafen.
Die Haft habe ihn sicher auch «stärker gemacht». In Freiheit wolle er jetzt seine Ziele verfolgen. So etwa «Boxchampion zu werden» und «meine Träume zu erreichen». Zudem will er draussen «ein anständiger Bürger» sein.
Brian: «Menschen haben nichts zu befürchten vor mir»
Er müsse sein Leben mit 28 Jahren neu anfangen: «Ich muss zuerst mal ankommen und mich jetzt zurechtfinden.» Die Leute müssten sich nicht vor ihm fürchten: «Die Menschen haben nichts zu befürchten vor mir. Jeder, der mich respektiert, den respektiere ich auch.»
In einer Strassenumfrage hatten viele Zürcher gesagt, dass Brian eine Chance verdiene. Sie hoffen, dass er sich in der Freiheit beweisen werde. «Das freut mich sehr», sagt er darauf angesprochen. «Jeder Mensch, der für mich ist, für den bin ich auch.»
Sicherheitshaft aufgehoben
Das Bezirksgericht Dielsdorf hatte Brian am Mittwoch wegen verschiedener im Gefängnis begangener Delikte schuldig gesprochen. Trotzdem hatte der Richter die Entlassung Brians aus der Sicherheitshaft angeordnet.
Für Brian geht damit ein neues Kapitel auf, merkte der Richter bereits bei der Urteilsbegründung an: Der 28-Jährige wurde vor zehn Jahren in einem SRF-Dokfilm über einen Jugendanwalt unter dem Pseudonym «Carlos» bekannt. Der damals 34-fach verurteilte, 17-jährige Straftäter lebte in einem Sondersetting, das monatlich fast 30'000 Steuerfranken kostete.
Brian am Scheideweg
Brian steht an einem Scheideweg: Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis heute Freitag muss der 28-Jährige sein Leben in der Schweiz neu ordnen. Doch wird das gelingen? Wo liegen die Gefahren und was tut Brian als Erstes?
Der Kriminologe Dirk Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ordnet ein: «Er fängt mehr oder weniger komplett neu mit seinem Leben an. Zuallererst geht es um die Wohnungssuche.»
Dann werde sich Brian wieder mit «alten und neuen Freunden treffen, die sicherlich nicht immer positiv für seine Entwicklung waren». Darum sei eine verlässliche soziale Struktur jetzt besonders wichtig, mahnt Baier.
Brian soll gleich behandelt werden wie jeder andere Mensch auch
«Brian ist jung, hat vieles, was junge Menschen machen, nicht machen können. Natürlich hat er auch im Vollzug verfolgen können, was junge Menschen alles erleben», so Baier. Es sei davon auszugehen, dass er insbesondere soziale Freizeitaktivitäten wird nachholen wollen. «Er wird sich mit anderen treffen, feiern, Konzerte besuchen.»
Arbeit zu finden, dürfte nicht seine höchste Priorität sein, schätzt Baier ein. «Sport und Freizeit werden hoch im Kurs bei ihm stehen. Wobei gerade Sport für ihn ein wichtiger Anker sein könnte.»
Doch wie sollte man sich verhalten, wenn man Brian zufälligerweise auf der Strasse antrifft? Der Kriminologe appelliert an die Öffentlichkeit: «Behandelt ihn genauso wie jeden anderen Menschen auch! Ohne Vorurteile, mit Respekt und Gewogenheit.»
Problem sei, dass das vielen schwerfallen werde, weil sie ein Bild aus den Medien von ihm hätten. Wegen der Berichterstattung gelte Brian schliesslich als «bekanntester Straftäter der Schweiz».
Kriminologe Dirk Baier: «Menschen können sich immer ändern»
Die Staatsanwaltschaft geht von einer hohen Rückfallgefahr aus. Und tatsächlich: «Etwa ein Viertel aller Haftentlassenen wird früher oder später wieder zu einer Haftstrafe verurteilt», weiss Baier.
Für ihn steht aber fest: «Menschen können sich jederzeit in ihrem Leben ändern, auch durch professionelle Unterstützung.»
Zwar finde sich Brian in keiner leichten Situation wieder: Er werde von «heute auf morgen entlassen, ohne ausreichende Vorbereitung für diesen Schritt». Für Baier ist darum klar: «Straffrei bleiben ist da keine Selbstverständlichkeit, es ist Arbeit von und mit ihm.»
Dennoch hege der Kriminologe für Brian grosse Hoffnung: «Je älter Personen werden, desto seltener werden sie rückfällig. Und Brian ist nun kein Jugendlicher mehr, hat auch verschiedene Unterstützung in der Haft erhalten.»
Ins selbe Horn blasen bei einer Strassenumfrage Zürcher, die hoffen, dass sich Brian in der Freiheit beweist.
Risiken, die generell für Gewaltverhalten verantwortlich sein können, sind laut Baier: «Alkohol und Drogenkonsum, das Zusammensein in Gruppen mit anderen auffälligen Personen. Und das Aufsuchen von Ausgehvierteln, die mit Gewalt assoziiert sind.»
Doch was für Brian ein spezielles Rückfallrisiko bedeute, wüssten er und die Menschen, die mit ihm arbeiten, am besten.