Bündnerromanisch: Rumantsch Grischun ist im Alltag gescheitert
Wie eine Studie zeigt, ist Rumantsch Grischun im Alltag gescheitert. Verschiedene Massnahmen sollen das Bündnerromanisch vor dem Aussterben retten.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Studie im Auftrag des Bundes kommt zum Schluss: Rumantsch Grischun ist gescheitert.
- Die Studie ist auch Entscheidungsgrundlage für weitere Fördergelder des Bundes.
- Die Autoren schlagen Massnahmen zum Erhalt des Rätoromanischen vor.
Die überregionale Schriftsprache Rumantsch Grischun ist in Graubünden im Alltag laut einer Studie im Auftrag des Bundes gescheitert. Die Autoren schlagen Massnahmen vor, um die mittelfristige Gefahr einer existenziellen Bedrohung des Rätoromanischen zu reduzieren.
Der Evaluationsbericht des Zentrums für Demokratie Aarau im Auftrag des Bundesamts für Kultur (BAK) wurde am Freitag veröffentlicht. Er untersuchte, wie nützlich die Massnahmen zur Erhaltung und Förderung von Bündnerromanisch und Italienisch in Graubünden bislang waren.
Die Studie dient unter anderem als Entscheidungsgrundlage für weitere Fördergelder des Bundes von 2021 bis 2024. Über sie berichtete auch die «Südostschweiz».
Bündnerromanisch könnte aussterben
Die Resultate fallen teils ernüchternd aus. So harzt die Umsetzung des an sich minderheitenfreundlichen Sprachengesetzes in Graubünden, wie es im Bericht heisst. Der Kanton nehme die ihm aufgetragene Verantwortung nur zögerlich wahr.
An Mittelschulen etwa werde der Romanisch- und Italienischunterricht gekürzt oder ganz gestrichen. Die Gefahr sei real, dass insbesondere die Romanischkenntnisse weiter sinken. Ausserdem könnten weniger Lehrer ausgebildet werden und Bündnerromanisch langsam aber sicher aussterben.
Kritisch fällt das Urteil zu der 1982 geschaffenen romanischen Schriftsprache aus, die seit über 20 Jahren auch Amtssprache ist. Rumantsch Grischun hat den Befragten in der Studie zufolge keine Brücken zwischen den Idiomen gebaut.
Dieser Versuch werde von der überwältigenden Mehrheit der befragten Personen «als gescheitert betrachtet», heisst es im Papier. Die Schriftsprache habe im Gegenteil neue Probleme verursacht. Zu diesen zählten die fehlenden Kenntnisse der Lehrpersonen in den Idiomen. Zudem sei die Schriftsprache im Alltag ein Nachteil, weil die romanischsprachige Bevölkerung Deutsch gegenüber Rumantsch Grischun bevorzugen würde.
Rumantsch Grischun: Mittel in allen Bildungsstufen
Als Verbesserungsmöglichkeit schlagen die Autoren einen konzentrierten Einsatz finanzieller Mittel im Bildungssektor vor.
So soll ein ununterbrochenes Angebot von Unterricht in rätoromanischer Sprache von den Kinderkrippen bis zur Universität angeboten werden.
Das Modell zweisprachiger Kindergärten und Primarschulen soll auf mehr deutschsprachige Gemeinden ausgeweitet werden. Den Experten schwebt auch die Förderung von Bildungsangeboten in anderen deutschsprachigen Kantonen ausserhalb Graubündens vor.