Beim 75-Jahr-Jubiläum der Genfer Konventionen fordert Ignazio Cassis eine strikte Umsetzung des humanitären Völkerrechts. Bloss auf dem Papier sei es nutzlos.
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Ignazio Cassis fordert mehr Respekt für das humanitäre Völkerrecht. (Archivbild) - keystone

Bundesrat Ignazio Cassis hat am Montag an einem Anlass des Uno-Sicherheitsrats in Genf mehr Respekt für das humanitäre Völkerrecht gefordert. Die Mitglieder des Sicherheitsrats – allerdings ohne Russland – trafen sich zum 75-Jahr-Jubiläum der Genfer Konventionen in der Calvin-Stadt.

Cassis sagte vor den Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedsländer, das humanitäre Völkerrecht dürfe nicht nur auf dem Papier bestehen. Es sei kein «A-la-Carte»-Recht, sondern müsse ein Recht sein, das umgesetzt werde («le droit 'en action'»).

Humanitäres Völkerrecht zu oft ungeahndet

Weltweit gebe es derzeit 120 mit Waffen geführte Konflikte. Diese Kriege bedeuteten «unvorstellbares menschliches Leiden». Oft blieben Verletzungen des humanitären Völkerrechts in diesen Konflikten ungeahndet. Der Respekt der Genfer Konventionen von 1949, die Eckpfeiler des humanitären Völkerrechts, müsse deshalb zu einer «politischen Priorität» werden, so Cassis weiter.

Cassis verwies unter anderem auf eine von der Schweiz im Sicherheitsrat eingereichte Resolution, welche verlangt, dass humanitäre Helferinnen und Helfer in Kriegen geschützt werden. Der Rat verabschiedete sie im Mai dieses Jahres. Der Schweizer Aussenminister erwähnte weitere Uno-Resolutionen zum Schutz der Bevölkerung in Kriegen.

Russland schlägt Einladung zum Besuch in der Schweiz aus

Zum Anlass hatte die Schweiz laut Cassis' Worten gemeinsam mit Sierra Leone geladen. Dieses Land präsidiert derzeit den Uno-Sicherheitsrat. Russland hat als einziges Land die Einladung an die Mitglieder des Weltsicherheitsrats zu einem Besuch in der Schweiz ausgeschlagen.

Gründe nannte die Vertretung Russlands am Uno-Sitz in New York nicht. Am Anlass nahmen auch Botschafter von nicht im Uno-Sicherheitsrat vertretenen Ländern teil.

Mirjana Spoljaric Egger Musa Kabba
IKRK-Präsidentin Mirjana Spoljaric Egger und Sierra Leones Aussenminister Timothy Musa Kabba. (Archivbild) - keystone

Sierra Leones Aussenminister Timothy Musa Kabba sagte am Anlass in Genf, er sei einst Kindersoldat gewesen. «Ohne die Hilfe des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) und jener der internationalen Gemeinschaft wäre ich nicht die Person, welche ich heute bin», sagte Musa Kabba.

Trotz 75-Jahr-Jubiläum bleibt Völkerrecht politische Priorität

Es gebe keinen Grund, das 75-Jahr-Jubiläum der Genfer Konventionen zu feiern, sagte IKRK-Präsidentin Mirjana Spoljaric Egger am Anlass. Sie wiederholte einen bereits vor zwei Wochen formulierten Appell, dem humanitären Völkerrecht politische Priorität zu geben.

Am Sonntag hatten die Vertreterinnen und Vertreter der vierzehn anwesenden Sicherheitsrats-Mitgliederländer den Alabama-Saal im Genfer Rathaus besucht, wo 1864 die erste Genfer Konvention unterzeichnet worden war.

Die Genfer Konventionen gehen auf den Genfer Henry Dunant (1828-1910) zurück. Er war 1859 so erschüttert vom Elend verwundeter Soldaten auf dem Schlachtfeld von Solferino in Italien, dass er neutrale Hilfsgesellschaften zur Versorgung verwundeter Soldaten vorschlug. Daraus entstand 1863 die Rotkreuz-Bewegung.

Kann die Schweiz im UNO-Sicherheitsrat etwas bewirken?

Im ersten Genfer Abkommen von 1864 geht es um den Schutz von Verwundeten und die Neutralität des Sanitätspersonals. Dieser Grundstein des humanitären Völkerrechts wurde 1949 bei einer diplomatischen Konferenz mit knapp 20 Staaten ergänzt. Inzwischen haben 196 Länder die Genfer Konventionen ratifiziert.

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