Coop & Migros: Schweizer zahlen über 100 Mio. zu viel für Bio
Eine neue Untersuchung hat sich die Bio-Margen bei den Detailhändlern angesehen und kommt zum Schluss, dass Bio oft ungerechtfertigterweise viel mehr kostet.
Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer zahlen über 100 Millionen Franken zu viel für Bio bei Coop & Migros.
- Eine neue Untersuchung zeigt, dass es bei den Produkten grosse Aufschläge gibt.
- Der Hauptgrund für die überhöhten Margen: Die Marktmacht von Coop und Migros.
Bioprodukte sind teuer! Aber warum eigentlich? Eine neue Untersuchung kommt zum Schluss, dass es wenig damit zu tun hat, dass die Bauern für den höheren Aufwand mehr Geld erhalten. Im Gegenteil: Während Coop und Migros den Bio-Produzenten zwar einen Aufpreis zahlen, wird der Bio-Landbau laut Mathias Binswanger dadurch kaum lohnend.
Der Volkswirtschaftsprofessor an der Fachhochschule Nordwestschweiz hat für den von ihm mit gegründeten Verein Faire Märkte Schweiz eine detaillierte Preisübersicht zu dem Thema erstellt.
Sie zeigt laut der «SonntagsZeitung» erstmals, wie viel mehr Coop und Migros bei Bio- im Vergleich zu konventionellen Produkten draufschlagen. Besonders gross ist die Schere demnach bei Kartoffeln, Fleisch, Rüebli und Eiern.
Anreize für Umbau der Landwirtschaft fehlen
Binswanger ordnet den Grund für überhöhte Margen bei Bioprodukten bei der Marktmacht von Migros und Coops ein. Die beiden Riesen decken zusammen etwa 70 Prozent des Schweizer Lebensmittelhandels ab. Der Experte sagt, dass die Lebensmittelhändler die Marktmacht gleich auf zwei Seiten ausnützen würden.
Einerseits gegenüber den Konsumenten: «Migros und Coop wollen mit Bio bei bewussten und kaufkräftigen Konsumenten die höhere Zahlungsbereitschaft abschöpfen.» Bei Standardprodukten hingegen sei der Wettbewerb intensiver. Dort müssten sie gegen die Discounter behaupten – und zwar mit möglichst günstigen Produkten.
Die andere Seite, die die Marktmacht von Coop und Migros zu spüren bekommt, ist die der Bauern. «Tausende von Klein-Betrieben treffen auf nur gerade zwei grosse Nachfrager. Dabei können die beiden die Preise so weit herunterhandeln, dass die Bauern bei gewissen Produkten Schwierigkeiten erhalten, ihre Produktionskosten zu decken.»
Damit würden Anreize fehlen, dass die Bauernbetriebe vermehrt auf tier- und umweltfreundliche Produkte umstellen würden, kommt Binswanger zum Schluss.
Coop und Migros verteidigen Preispolitik
Der Studienautor fordert von den Detailhändlern, ihre Preisgestaltung zu überdenken: «Es wäre nötig, den Bauern einen fairen Mehrpreis für Bio zu zahlen, um eine nachhaltige Lebensmittelversorgung zu fördern.» Ein weiteres Anliegen des Experten: Coop und Migros sollen bei Bio keine höheren Margen einberechnen. Wie auch schon der Preisüberwacher Anfang Jahr, fordert auch der Volkswirtschaftsprofessor, dass sie Bio-Produkte nicht mehr als 20 Prozent teurer verkaufen als das entsprechende konventionelle Produkt.
Laut einer Schätzung von Binswanger und seinem Team hätten Konsumenten damit im vergangenen Jahr allein für Bio-Milch, Bio-Kartoffeln und Bio-Eier mehr als 50 Millionen Franken eingespart. Beim Einbezug von weiteren Aufschlägen von mehr als 20 Prozent für Bio-Rind- und Schweinefleisch, Bio-Käse, Bio-Joghurt, Bio-Rüebli und Bio-Äpfel wären es sogar über 100 Millionen Franken.
Coop und Migros verteidigen gegenüber der «SonntagsZeitung» ihre Preispolitik. Die neue Analyse der Fachhochschule Nordwestschweiz ändere nichts daran, dass sie «keine höheren Margen mit Bioprodukten erzielen», schreibt etwa die Migros. Und Coop richtet aus, man würde «unter dem Strich nicht mehr mit Bio verdienen als an konventionellen Produkten».