Coronavirus: Binationale Paare fordern Ausnahme von Quarantäne
Martina S.* (52) weiss nicht, wann sie ihren holländischen Freund (50) sehen kann: Wegen den Schweizer Quarantänevorschriften ist das Paar seit Wochen getrennt.
Das Wichtigste in Kürze
- Wegen den Quarantänevorschriften sind binationale Paare erneut getrennt.
- Martina S. und ihr holländischer Partner können wegen ihrer Arbeit nicht in Quarantäne.
- Eine Petition fordert für binationale Paare eine Ausnahme bei den Quarantäneregeln.
Martina S. ist verzweifelt. Sie kann ihren Lebenspartner aus Holland nur sehen, wenn beide danach in Quarantäne gehen.
«Das können wir uns wegen unserer Arbeit nicht leisten», sagt die Baselbieterin. «Es ist eine enorm psychische Belastung.»
Bei einer Einreise in die Schweiz müsste ihr Partner zehn Tage in Quarantäne. Ihr droht bei der Rückreise aus Holland das Gleiche. Die Quarantäne gilt auch bei einem negativen Test-Ergebnis.
Déjà-vu vom Frühling
Schon im Frühling konnte sich das Paar monatelang nicht sehen. Martina S. befürchtet jetzt ein Déjà-vu. «Es gibt keinen Zeithorizont. Das macht es sehr schwierig.»
Martina S. ist in ihrem Job wegen Corona auf Kurzarbeit. «Diese Situation drückt schon schwer auf die Psyche. Noch schlimmer ist es, wenn man seinen Schatz nicht sehen kann.»
Andere Länder machen Ausnahme
Die Baselbieterin fordert deshalb eine Ausnahmeregelung für binationale Paare. «Wir sind keine Touristen und geben acht auf die Coronaregeln.» Paare dürfe man nicht trennen. «Das ist unmenschlich. Liebe kennt keine Grenzen.»
Andere Länder wie zum Beispiel Deutschland kennen Ausnahmen. «Es sollte doch möglich sein, dass man seinen Partner 48 bis 72 Stunden besuchen kann und nicht in Quarantäne muss, wenn man dann gleich wieder auf direktem Weg nach Hause reist.»
Eine solche 48-Stunden-Regelung gibt es etwa in Bayern. Auch für Einkaufstouristen aus der Schweiz gibt es inzwischen in grenznahen Bundesländern eine 24-Stunden-Regel.
Funkstille bei Behörden
Martina S. hat verschiedene Stellen angeschrieben, darunter das Bundesamt für Migration und das Bundesamt für Gesundheit BAG. «Das erstere teilte mir lapidar mit, die Grenzen seien ja jetzt wieder geöffnet. Vom BAG kam ein nichtssagendes Standard-Mail zurück.»
Auch der Baselbieter Kantonsarzt liess sie abblitzen. «Es teilte mir mit, die Situation binationaler Paare interessiere nicht. Das Einzige, was im Moment zähle, sei Corona.»
Online-Petition
«Die Empathie geht verloren», sagt Martina S. «Ich bin traurig und gleichzeitig hässig auf unsere Behörden. Die ganze Situation für binationale Paare ist sehr freiheitsberaubend.»
Martina S. und ihr holländischer Partner sind kein Einzelfall. Auf Facebook teilen zahlreiche Betroffene in einer eigenen Gruppe ihren Frust. Eine Online-Petition fordert inzwischen eine Ausnahmeregelung bei der Quarantäne für binationale Paare und Familienangehörige.
Absurde Risikoliste
Die Risikoliste des BAG wurde vor rund zwei Wochen zum letzten Mal angepasst. Darauf stehen zahlreiche Länder, die erheblich weniger Ansteckungsfälle aufweisen als die Schweiz.
Heute könnte der Bundesrat deshalb die Risikoliste anpassen. Holland würde dann von der Risikoliste gestrichen.
Martina S. könnte dann endlich wieder zu ihrem Partner reisen – sofern Holland das Baselbiet nicht auf seine Risikoliste setzt.
*Namen geändert