Coronavirus: Deshalb erkranken so viele nach Balkan-Trip

Raphael Wyder
Raphael Wyder

Bern,

Die Task Force geht davon aus, dass rund jeder Dritte der Intensivpatienten sich in Kosovo oder Nordmazedonien mit dem Coronavirus angesteckt hat. Doch warum?

Coronavirus Intensivstation
Ein Patient wird auf der Intensivstation im Bruderholzspital behandelt. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Jeder dritte Intensivpatient ist ein Reiserückkehrer aus Kosovo oder Nordmazedonien.
  • Zu diesem Schluss kommt die Covid-19 Science Task Force des Bundes.
  • Der Stadtzürcher FDP-Gemeinderat Përparim Avdili sieht dafür zwei Gründe.

Bei 40 Prozent aller Intensivpatienten, die derzeit wegen des Coronavirus in Schweizer Spitälern liegen, handelt es sich um Reiserückkehrer. Bei 80 Prozent von Ihnen wird vermutet, dass sie sich in Kosovo oder Nordmazedonien infiziert haben. Zu diesem Schluss kommt die Covid-19 Science Task Force des Bundes in ihrem neusten wissenschaftlichen Update vom Dienstag. Doch was sind die Gründe für die hohe Anzahl an hospitalisierten Balkan-Rückkehrer?

Flughafen Zürich
Reiserückkehrer verlassen eine Maschine am Flughafen Zürich in Kloten. - Keystone

Die Kommunikation der Task Force löste auf Twitter eine regelrechte Debatte aus. Dass dies nun thematisiert wird, hält der Stadtzürcher FDP-Gemeinderat Përparim Avdili für richtig. Er selbst ist in einem Dorf in Nordmazedonien geboren und kam bereits als Kleinkind in die Schweiz.

Përparim Avdili
Der Stadtzürcher FDP-Gemeinderat Përparim Avdili. - Screenshot Gemeinderat Zürich

«In der albanischen Community gab es schon früh eine Skepsis gegenüber den Corona-Massnahmen. Nun ist auch der Widerstand gegen die Impfung erschreckend gross», sagt Avdili gegenüber dem «Tage-Anzeiger».

«Umgang mit Coronavirus in alten Heimatländern grob fahrlässig»

Für diesen Umstand sieht der FDP-Gemeinderat zwei Gründe. Erstens kursierten in der Community unzählige Falschnachrichten und Verschwörungstheorien über die Impfung. Zweitens orientieren sich viele albanischstämmige Menschen an den Verhältnissen in ihren alten Heimatländern.

Dort sei der Umgang mit dem Coronavirus grob fahrlässig, wobei Avdili auf die vielen Hochzeiten über den Sommer verweist. «Das sind Grossanlässe mit 200 bis 300 Gästen. Von Schutzmassnahmen fehlt jede Spur, vom Nachweis eines Covid-Zertifikats ganz zu schweigen.»

Coronavirus Impfung
Die Skepsis gegenüber der Impfung gegen das Coronavirus in der albanischen Community gab es laut Përparim Avdili schon früh. - Keystone

Die Statistiken untermauern die Aussagen von Avdili: Der 7-Tage-Schnitt beträgt in Kosovo derzeit 1031 Corona-Infizierte auf eine Million, in Nordmazedonien 483 – in der Schweiz dagegen 294. Auch die Impfquote ist in den Balkan-Staaten entsprechend tief: Während in der Schweiz immerhin über 50 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind, sind es Nordmazedonien knapp über 24 Prozent. Im Kosovo sind es gar nur 11 Prozent.

Auch Schweizer Gesundheitsbehörden in der Verantwortung

Der FDP-Politiker macht für die tiefe Impfbereitschaft auch die Kommunikation der Schweizer Gesundheitsbehörden verantwortlich. «Die Impfkampagne kommt in der Community zu wenig an. Um diese Leute zu erreichen, muss man sie direkt und persönlich ansprechen.»

Tanja Stadler Coronavirus omikron
Tanja Stadler, Präsidentin der Nationalen Covid-19 Science Task Force, sagte am Samstag: «Omikron wird schon in diesen Tagen landesweit die dominante Variante.» - Keystone

Prominente aus der Community könnten für die Impfung gegen das Coronavirus werben. «Man muss besonders die Jüngeren erreichen. Sie können dann wiederum die Älteren in der Verwandtschaft überzeugen», so Avdili.

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