Coronavirus: «Dürfen Skeptiker-Gewaltpotenzial nicht unterschätzen»
In Österreich wollten drei Massnahmengegner einen Polizisten töten. Auch in der Schweiz birgt die Situation mit dem Coronavirus Gewaltpotenzial, so ein Experte.
Das Wichtigste in Kürze
- Mitte November wollten zwei Massnahmengegner in Österreich einen Polizisten töten.
- Bei einer Demo am Wochenende versuchten Neonazis dort, die Stimmung weiter aufzuheizen.
- Auch in Zürich waren Rechtsradikale zugange. Ein Experte warnt vor Gewalt.
Das Coronavirus sorgt weiterhin für erhitzte Gemüter. Immer wieder kommt es zu Drohungen durch Massnahmenkritiker, sei es gegen die Polizei oder Politiker. Auch Tätlichkeiten sind schon vorgekommen – allerdings nicht in einem Ausmass wie in einigen Nachbarländern.
Aktuell sorgen Schlagzeilen aus Österreich für Entsetzen: Drei Massnahmengegner planten, einen Polizisten in einen Hinterhalt zu locken, ihn mit Benzin zu übergiessen und anzuzünden. Weil das nicht gelang, setzten sie ein Polizeiauto in Brand.
Auch hierzulande ist die Stimmung in den Skeptiker-Kreisen aufgeladen. Am Samstag demonstrierten in Zürich Tausende Menschen gegen die Corona-Massnahmen, die meisten von ihnen zwar friedlich. Doch unter die Protestler mischten sich auch junge Rechtsradikale, wie das linke Recherche-Kollektiv element investigate auf Twitter schreibt.
Dort ist man sicher: «Für diese Gruppe war die Demo ein Testlauf, denn nach der Abstimmung werden sie zum gewalttätigen Kampf übergehen.» Laut Informationen von Nau.ch tauchten die Männer plötzlich auf und positionierten sich an vorderster Front des Demonstrationszugs. Dort bedrängten sie Zuschauer.
Experte warnt vor Skeptiker-Gewaltpotenzial
Soziologe und Verschwörungstheorie-Experte Marko Kovic erkennt die Bedrohung angesichts der angespannten Stimmung rund um das Coronavirus. «Grundsätzlich dürfen wir das Potenzial der massnahmekritischen Radikalisierung, in reale Gewalttaten überzuschwappen, nicht unterschätzen», warnt er.
«Wenn Menschen durch gefährliche Rhetorik und Demagogie genug stark aufgewiegelt werden, kann sich ihre Wut in Gewalttaten entladen.» Der Polizeiauto-Vorfall in Linz sei ein Beispiel dafür.
Man dürfe jetzt aber nicht Panik schüren, so Kovic. «Wir stehen als Gesellschaft nicht vor dem Kollaps. Der überwiegende Teil der massnahmenkritischen Bewegung will friedlich protestieren.»
Bewegung wächst vor Abstimmung zu Coronavirus
Der rechtsradikale Teil der massnahmenkritischen Szene wolle die Stimmung sicher anheizen und möglichst viel Hass verbreiten. Doch er glaubt: «Auf die ganze Bewegung gemessen, dürften die Rechtsextremen eine kleine Gruppe darstellen, die entsprechend nur begrenzt Einfluss hat.»
Wie gross die gesamte massnahmenkritische Bewegung tatsächlich ist, ist laut Kovic «sehr schwer einzuschätzen». Am Samstag demonstrierten in Zürich rund 8000 Personen, Ende Oktober in Bern waren es laut unterschiedlichen Quellen über 10'000.
Der Soziologe erklärt: «Jetzt mit der erneuten Covid-Abstimmung, der Zertifikat-Ausweitung und der schwierigen epidemiologischen Lage hat die massnahmekritische Bewegung sicher Zuwachs erlebt.» Die Akteure und Organisationen in der Bewegung würden die Situation für Mobilisierungszwecke wirksam nutzen.