Coronavirus: Epidemiologe bestätigt zweite Welle in der Schweiz
Die Infektionen mit dem Coronavirus steigen sprunghaft an. Was heisst das? Braucht es neue Massnahmen? Ein Epidemiologe ordnet ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Corona-Zahlen in der Schweiz sind sprunghaft angestiegen.
- Laut Epidemiologe Andreas Cerny ist die zweite Welle damit erreicht.
- Es brauche eine Maskenpflicht überall dort, wo der Abstand nicht eingehalten werden könne.
700 und 1077 neue Fälle an einem Tag, eine Positivitätsrate von fast zehn sowie über 7 Prozent. Die Infektionen mit dem Coronavirus in der Schweiz sind am Dienstag und Mittwoch sprunghaft angestiegen. Und das nicht lange, nachdem der Herbst das Wetter übernommen hat.
I am worried for the next weeks, life moving indoors, people are getting tired, increased pressure from economy & lobbys to go back to pre-pandemic life, schools & university full back and running...it’s only October ☹️ https://t.co/slQFocRfi5
— Isabella Eckerle (@EckerleIsabella) October 6, 2020
Namhafte Wissenschaftlerinnen wie Isabella Eckerle und Emma Hodcroft sehen das nicht als gute Nachricht, wie sie auf Twitter schreiben. Durch das kalte Wetter bleiben die Leute drinnen und drehen die Heizung auf. Das sind Faktoren, die die Verbreitung des Coronavirus erleichtern.
Epidemiologe Cerny: «Klar eine zweite Welle!»
Doch was bedeutet der sprunghafte Anstieg? Ist das jetzt die befürchtete zweite Welle? Epidemiologe Andreas Cerny bejaht: «Es ist eine zweite Welle, ganz klar. Wir sind jetzt wieder auf halber Höhe von Ende März.»
Da die Reproduktionszahl mit 1,2 wieder über dem kritischen Wert von eins liegt, steigen die Infektionen auch wieder exponentiell an. So steckt eine infizierte Person im Moment 1,2 weitere Personen an. Im Vergleich zur ersten Welle gebe es aber viel weniger Schwerkranke und Todesfälle, so Cerny.
Der Einfluss des Wetters sei «ein wichtiger Faktor», so Cerny. In geheizten Innenräumen ist etwa der Abstand weniger gut einzuhalten als draussen und die Luft zirkuliert weniger. Das Wetter mache aber nicht den entscheidenden Unterschied. «Die Lockerungsmassnahmen sind sicher der Hauptfaktor», so Cerny.
Positivitätsrate zeigt effektiv grössere Ausbreitung des Coronavirus
Mit den Fallzahlen ist diese Woche auch die Positivitätsrate gestiegen. Das heisst, der Anteil der Corona-Tests, die positiv ausfallen. Am Dienstag lag dieser Wert bei knapp zehn Prozent, am Mittwoch bei 7,1 Prozent.
Doch was bedeutet das? Wird einfach gezielter getestet, oder steigt die Verbreitung des Coronavirus effektiv? Epidemiologe Cerny sagt: «Das ist ein realer, nicht ein künstlicher Anstieg.»
Der Anteil an grippeähnlichen Symptomen, die durch das Coronavirus ausgelöst wurden, sei also grösser geworden, im Vergleich zu anderen Erkrankungen. Denn: «Die Teststrategie hat nicht geändert.»
Kantone sind gefordert
Laut Cerny müssen die Kantone nun handeln und neue Massnahmen treffen. Er sagt: «Eine allgemeine Maskenpflicht dort, wo man die Abstandsregeln nicht einhalten kann, wäre aus meiner Sicht das Einfachste.»
Bis eine Massnahme gegen das Coronavirus wirkt, dauert es zwei bis drei Wochen. Der aktuelle Anstieg gehe unverändert weiter, wenn man jetzt nichts mache, warnt Cerny.