Coronavirus – Ethikerin: Swissmedic soll Astrazeneca weiter prüfen

Jochen Tempelmann
Jochen Tempelmann

Zürich,

Mehr Länder stoppen die Impfung gegen das Coronavirus mit dem Astrazeneca-Vakzin. Eine Medizinethikerin erklärt, warum das Zulassungsverfahren fortgesetzt wird.

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Ein Fläschchen des Astrazeneca-Impfstoffs gegen das Coronavirus. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Länder haben aufgrund möglicher Nebenwirkungen die Astrazeneca-Impfungen ausgesetzt.
  • Das Zulassungsverfahren bei Swissmedic läuft derweil trotzdem weiter.
  • Medizinethikerin Nikola Adorno bestätigt den Kurs der Arzneimittelbehörde.

Immer mehr Länder setzen die Impfung gegen das Coronavirus mit dem Impfstoff von Astrazeneca aus: Nachdem mögliche Nebenwirkungen bekannt wurden, haben unter anderem Deutschland, Frankreich und Italien den Impfstoff vorsorglich gestoppt.

In der Schweiz ist der Astrazeneca-Impfstoff noch nicht zugelassen. Ungeachtet der aktuellen Entwicklung laufe das Zulassungsverfahren weiter, erklärte Swissmedic am Freitag. Das sei auch richtig so, findet Nikola Andorno, Professorin für Biomedizinische Ethik und Medizingeschichte an der Universität Zürich.

Coronavirus: Zusammenhang zwischen Impfung und Problemen noch ungeklärt

Auslöser des Impfstopps waren Berichte über mögliche Nebenerkrankungen: In Dänemark wurde bei wenigen Geimpften eine Thrombose festgestellt. Die Blutgerinnsel in den Venen können ernsthafte Folgen haben: Eine Person starb in Dänemark zehn Tage nach der Impfung an multiplen Thrombosen.

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Eine italienische Fachkraft hält ein Fläschchen des Astrazeneca-Impfstoffs gegen das Coronavirus in den Händen. - Keystone

Andere Länder haben infolge ähnlicher Erscheinungen ebenfalls die Impfung gestoppt. Die Behörden halten jedoch in allen Ländern fest, dass ein Zusammenhang noch nicht gesichert ist.

Millionen Menschen wurden bereits mit dem Astrazeneca-Impfstoff geimpft. Einige von ihnen werden nach der Impfung andere Krankheitsbilder entwickeln – ohne, dass ein Zusammenhang besteht. Die Thrombosen, die nur in wenigen Fällen aufgetreten sind, könnten auch andere Ursachen haben.

Medizinethikerin unterstützt Swissmedic-Entscheidung

Derzeit prüft Swissmedic die Zulassung des Impfstoffs gegen das Coronavirus. Die Schweizerische Arzneimittelbehörde ist dabei deutlich zurückhaltender als ihr Europäisches Pendant, die EMA. Diese hatte den Impfstoff bereits am 29. Januar zugelassen – allerdings nur für Unter-65-Jährige.

Swissmedic hatte Anfang Februar weitere Daten von Astrazeneca gefordert. Ehe diese nicht eintreffen, werde der Impfstoff gegen das Coronavirus nicht zugelassen. Gleichzeitig will Swissmedic angesichts der neuen Bedenken das Zulassungsverfahren allerdings nicht aussetzen.

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Das Logo von Swissmedic vor dem Sitz in Bern. Das Institut ist unter anderem für die Zulassung von Medikamenten zuständig. - Keystone

Auch wenn die öffentliche Meinung des Astrazeneca-Vakzins derzeit gering ist: Dass Swissmedic am Verfahren festhält, hält Medizinethikerin Nikola Adorno für richtig. «Die Zulassung eines Impfstoffs hängt von der Sicherheit und nicht von der Akzeptanz in der Bevölkerung ab», bestätigt Adorno.

Sorgfältiges Verfahren kann Vertrauen wieder stärken

Schlussendlich ist das Ziel des Zulassungsverfahrens, die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Präparats zu prüfen. «Ein sorgfältiger Zulassungsprozess kann aber das Vertrauen in der Bevölkerung in den zugelassenen Impfstoff stärken und damit zu grösserer Akzeptanz führen.»

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Ein ukrainischer Geistlicher wird mit dem Astrazeneca-Präparat geimpft. Mögliche Nebenwirkungen traten nur in wenigen Fällen auf. - Keystone

Dass Impfungen mit Akzeptanzproblemen kämpfen, ist laut Adorno nichts Neues. «Es gab auch immer wieder Skandale, zum Beispiel um verunreinigte Impfstoffe bei der Einführung der BCG-Schutzimpfung gegen Tuberkulose in Lübeck 1930.»

Das ändere allerdings nichts am Gesamtbild: «Insgesamt sind Impfungen eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. Sie haben geholfen, viel Leid und Todesfälle zu vermeiden – denken wir zum Beispiel an Polio. Das sollten wir nicht übersehen», betont Adorno.

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