Coronavirus: Europa hofft auf Impfausweis – Touristiker wiegelt ab
Das Wichtigste in Kürze
- Mehrere Länder diskutieren über die Einführung eines Impfausweises für die Sommerferien.
- Island hat bereits einen solchen, England diskutiert darüber, ebenso Spanien.
- Ein Tourismus-Experte wiegelt ab: Impfausweise würden trügerische Sicherheit vermitteln.
Obschon sich das Wetter zurzeit von seiner garstigsten Seite zeigt, naht die Planung der Sommerferien – eigentlich. Denn was würden wir nicht alle dafür geben, barfuss am Strand entlangzulaufen und unsere Seele baumeln zu lassen? Aber: Das Coronavirus macht Fernweh-Leidenden wohl auch diesen Sommer einen riesigen Strich durch die Rechnung.
Vor allem für den Tourismus in den davon lebenden Ländern wäre ein erneuter Sommer wie letztes Jahr wohl eine Katastrophe.
Erste Länder diskutieren daher über die Einführung eines Impfausweises. So berichtet die «Mallorca Zeitung», Spanien plane «sichere Reisekorridore», möglicherweise bereits im Frühling.
Länder diskutieren wegen Coronavirus über Einführung von Impfausweis
Auch andere Länder, wie Grossbritannien, denken über die Einführung eines Impfausweises nach. Dasselbe gilt für Griechenland.
Was halten Sie von der Idee eines digitalen Impfausweises?
Ebenso will Schweden bis im Sommer einen digitalen Impfpass einführen. Das teilte die schwedische Regierung am Mittwoch mit.
Tourismus-Experte versteht Hoffnung
Ohne Impfausweis also bald kein grenzüberschreitendes Reisen mehr? Nein, sagt Jürg Stettler, Tourismus-Experte der Hochschule Luzern. Dazu seien viele verschiedene Bedingungen notwendig. «Ich kann das Hoffen, dass ein Impfausweis das Grundproblem des grenzüberschreitenden Reisens lösen könnte, nachvollziehen.»
Ein solcher würde nämlich zwei Komponenten, die Planbarkeit und die Berechenbarkeit, seitens Kunden und Reiseveranstaltern, erleichtern. «In der Impfthematik gibt es aber nicht mehr nur geimpft und ungeimpft», so Stettler.
Vielmehr würden auch die verschiedenen Impfstoffe und deren Wirksamkeit eine Rolle spielen. Dies vor allem in Bezug auf die jeweilige Person und deren Alter sowie den Typ des mutierten Coronavirus. «Daraus ergeben sich dann die je nach Reiseland unterschiedliche Regulierungen.»
«Wir sehen uns mit immer mehr Mutationen konfrontiert, ein Impfausweis verleiht zurzeit lediglich eine trügerische Sicherheit.»
Stettler ist überzeugt: «In dieser geplanten, simplen Form wird ein Impfausweis – zurzeit zumindest – kaum funktionieren.» Das internationale Reisen werde wohl noch eine Zeit lang sehr schwierig bleiben. Den Impfausweis bezeichnet er als wichtiges «Instrument zur Lösung», nicht aber als Lösung selbst.
Es brauche weiterhin eine Kombination von verschiedenen Massnahmen, unterstützt durch ein strenges Testregime. «Erst eine allfällige Therapierbarkeit, wie etwa bei Malaria, dürfte eine Entlastung bringen.»
Coronavirus: Schweizer Nachbarländer über Impfpass
In der Schweiz steht die Einführung eines Impfausweises noch in den Sternen. Die Schweiz sei interessiert, wie sie sich darauf vorbereiten könne. Das sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Donnerstag vor den Medien in Bern.
«Wir sind noch auf sehr dünnem Eis, was die Entwicklung betrifft», sagte Berset. Aber auch in der Schweiz würden Geschäftsleute eine solche Lösung wünschen.
Bei den Schweizer Nachbarländern sieht dies noch anders aus. Offenbar steht in Deutschland und Italien eine Einführung eines Impfpasses (noch) nicht zur Diskussion.
«Eine elektronische Impfdokumentation wird ab 1. Januar 2022 über die elektronische Patientenakte zur Verfügung stehen.» Das sagt Sebastian Gülde vom deutschen Bundesgesundheitsministerium zu Nau.ch.
Aber: «Die Bundesregierung unterstützt keine Bestrebungen, grenzüberschreitende Reisen von Bundesbürgern von der Vorlage ihres Impfausweises abhängig zu machen.»