Coronavirus: Gratis-Grippeimpfung laut Impf-Expertin keine gute Idee

Annina Reusser
Annina Reusser

Bern,

Ein CVP-Nationalrat fordert gratis Grippeimpfungen für alle. Eine Taskforce-Expertin hält davon herzlich wenig.

Grippe
Ein Ärztin impft eine Frau. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • CVP-Nationalrat Bregy fordert Gratis-Grippeimpfungen für alle.
  • Impf-Expertin Claire-Anne Siegrist glaubt nicht, dass das die Leute zur Impfung motiviert.
  • Sie hält flächendeckende Impfungen für unnötig. Risikopatienten sollten geschützt werden.

CVP-Nationalrat Philipp Matthias Bregy fordert im Kampf gegen das Coronavirus eine Gratis-Grippeimpfung für alle. Dies soll als Anreiz wirken: Wenn sich möglichst viele Menschen in der Schweiz gegen die Grippe impfen, werde das Gesundheitssystem entlastet, so Bregy. Das führe zu mehr Kapazitäten in der Behandlung von Corona-Infizierten.

Claire-Anne Siegrist, Mitglied der Taskforce des Bundes, widerspricht. Die Professorin für Impfstoffkunde und Pädiatrie an der Universität Genf ist überzeugt: Kostenlose Impfungen motivieren die Leute nicht zum Impfen.

Siegrist: «Die Impfung von Risikopersonen geht zulasten der Versicherung. Am Ende des Jahres haben diese Patienten alle die Franchise und den Selbstbehalt bei weitem überschritten.»

Claire-Anne Siegrist
Claire-Anne Siegrist, Professorin für Impfstoffkunde und Pädiatrie an der Universität Genf und Mitglied der Taskforce des Bundes. - Keystone

Die Impfkosten selber bezahlen müssen aktuell nur Personen, die mit Risikopatienten zusammenleben, und gesunde Personen, die eine Grippeinfektion vermeiden möchten.

Siegrist: «Ich würde es für klug und gerechtfertigt halten, dass die erste Kategorie nicht für ihren Impfstoff bezahlen muss. Denn es hat sich gezeigt, dass das die Menschen, mit denen sie leben, wirksam schützt.»

Flächendeckende Impfung? «Unnötig»

Laut Siegrist sollten also diejenigen Menschen mit Gratis-Impfungen unterstützt werden, die mit einer verletzlichen Person zusammenleben. Eine flächendeckende Impfung der gesunden Bevölkerung hält Siegrist für unnötig. Es sei überhaupt nicht nachgewiesen, dass diese einen ausreichenden Nutzen in Bezug auf die individuelle und kollektive Gesundheit bringen würde.

Sowieso: Für eine flächendeckende Impfung stünden in der Schweiz zu wenig Impfdosen zur Verfügung, erläutert die Impf-Expertin. Im Herbst erhält die Schweiz nur die Menge an Impfdosen, die sie im Frühling bestellt hat. Das BAG hat eine zusätzliche Bestellung gemacht, die bis Ende Jahr einige hundert Millionen zusätzliche Dosen bringen könnte.

Impfung Grippe
Eine Grippeimpfung in einer Apotheke. (Symbolbild) - Keystone

Siegrist: «Es ist unerlässlich, dass diese Impfdosen jenen vorbehalten bleiben, die am meisten davon profitieren, also gefährdete Personen und ihr Umfeld.» Das Ziel sei, den Anteil der geimpften Risikopersonen zu erhöhen, so Taskforce-Mitglied Siegrist. Dieser Anteil wird in der Schweiz auf 30 Prozent geschätzt.

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