Coronavirus: SCB-Chef Marc Lüthi kritisiert Pierre-Alain Schnegg
Im «Club» auf SRF kritisierte der SCB-Chef Marc Lüthi den Berner Gesundheitsdirektor Pierre-Alain Schnegg für das Grossanlass-Verbot scharf.
Das Wichtigste in Kürze
- Im «Club» auf SRF trafen am Dienstagabend Marc Lüthi und Pierre-Alain Schnegg aufeinander.
- Der SCB-Boss kritisierte den Berner Gesundheitsdirektor für das Grossanlass-Verbot scharf.
- Lüthi störte sich vor allem an der «unanständigen und schnoddrigen» Kommunikation.
Am Sonntag kurz nach der Bundesrats PK zu den neuen Corona-Regeln, fiel der Hammer im Kanton Bern: Die Gesundheitsdirektion von Pierre-Alain Schnegg (SVP) teilte mit, dass ab Montag alle Grossanlässe über 1000 Personen wieder verboten werden.
Besonders betroffen zeigten sich seither die Sportvereine YB und SCB. In einem gemeinsamen offenen Brief an die Berner Regierung hiess es am Montag: «Wir sind bestürzt, wir sind verärgert und enttäuscht»
Der SCB-Boss erhielt jetzt am gestrigen Abend nochmals Gelegenheit, direkt gegen die Berner Regierung zu wettern. Marc Lüthi traf nämlich im «Club» von SRF auf Regierungsrat Pierre-Alain Schnegg.
Marc Lüthi: «Kommunikation war unanständig und schnoddrig»
Schnell zeigte sich: Lüthi ist nicht gut auf den Politiker zu sprechen. Er griff Schnegg bereits beim zweiten Votum frontal an. Erst stellte er klar, dass man im «weitesten Sinne nachvollziehen» könne, das man etwas machen musste.
Er bemängelte aber die Kommunikation: «Ihr habt am Freitag entschieden die Ampel auf Rot zu setzen. Wir haben aber erst fünf Minuten vor der Bekanntgabe davon erfahren.»
Lüthi bezeichnete dieses Verhalten als «unanständig und schnoddrig» und entschuldigte sich sogleich für seinen Tonfall. Er enervierte sich weiter darüber, dass die Berner Regierung nicht mit den betroffenen Sport-Organisationen das Gespräch gesucht habe.
«Uns wurde innert fünf Minuten die wirtschaftliche Existenz entzogen.» Und weiter: «Ein gewählter Regierungsvertreter hat es nicht für nötig befunden, mit seinem Volk zu sprechen. Das ist es, was mich und viele andere auf die Palme bringt!»
Schnegg verteidigte sich: «Wir haben immer klar kommuniziert, dass die Farbe beim Ampelsystem auch ändern kann.» Lüthi unterbrach ihn: «Von Gelb direkt auf Rot?» Schnegg bejahte und betonte, dass man jetzt handeln müsse. «Niemand hätte in zwei Wochen eine Verfünffachung der Fälle erwartet».
SCB-Boss: «Habt nicht begriffen, was dies wirtschaftlich bedeutet»
Der Mann aus dem Jura erklärte weiter, man habe die Situation am Freitag lange diskutiert. «Wir haben uns gefragt, ob wir sofort damit beginnen sollten oder erst die Entscheidung des Bundes abwarten.»
An Lüthi gewandt meinte er: «Sie haben es gehört, Bundesrat Berset hat klar gesagt, dass die epidemiologische Lage von den verschiedenen Kantonen beobachtet werden muss. Und diese müssen auch die Entscheidungen treffen, das haben wir getan.»
Lüthi gab sich nicht zufrieden und warf ein: «Wir sind im Kanton Bern sicher nicht an der Spitze, was die Fälle betrifft». «Ich will nicht an der Spitze sein», entgegnete Schnegg.
Lüthi wieder: «Das ist doch klar, wir verstehen uns ja in der Sache. Wir verstehen uns aber nicht beim Thema und der Kommunikation. Ihr habt nicht begriffen, was diese Entscheidung wirtschaftlich bedeutet.»
Verständnis für die Sportvereine
Nach dem ersten Schlagabtausch des Unternehmers und Politikers kamen dann auch die anderen Gäste zu Wort. BAG-Direktorin Anne Lévy, Epidemiologe Christian Althaus, Kantonsrat und Hausarzt Antoine Chaix und die Aargauer Kantonsärztin Yvonne Hummel zeigten Verständnis für den Frust von Lüthi.
Wenn es aber um die Sache ging, erhielt der SCB-Boss wenig Unterstützung. Immer wieder wurde die besorgniserregende epidemiologische Lage erwähnt und vor dem exponentiellen Wachstum gewarnt – für den Sport hörte sich das Ganze nicht sehr hoffnungsvoll an.
Lüthi wollte später von Schnegg wissen, wann die Ampel im Kanton Bern wieder auf eine andere Farbe gestellt werde. Der SVP-Politiker antwortete: «Wir müssen das exponentielle Wachstum brechen und eine stabile Situation erreichen.» Er fasste zusammen: «Wenn wir wieder eine akzeptable Anzahl Fälle haben.»
Lüthi blieb hartnäckig: «Was ist akzeptabel?» Schnegg: «Mindestens eine Verdreifachung der Fälle in einer Woche. Eine Verfünffachung ist nicht akzeptabel.»
SCB-Boss kritisiert Bund und Kantone für Contact Tracing
Der SCB-Boss erwähnte in der Sendung auch noch, dass die Sportklubs nun staatliche Hilfe brauchen würden. Zudem kritisierte er den Bund und die Kantone für ihr Contact Tracing.
«Wir wussten im Sommer, dass es Schutzkonzepte braucht. Was haben Kantone und Bund in Sachen Contact Tracing gemacht? Das funktioniert nirgends.» Es hätte nichts Einfacheres gegeben, als im Sommer eine «schlagkräftige Contact-Tracing-Organisation aufzubauen», so Lüthi.
Schnegg zeigte Verständnis für den Unmut des Unternehmers: «Wir haben das sicherlich nicht gross genug dimensioniert.» Man engagiere nun weitere Leute. «Niemand hat das in einer solchen Schnelligkeit erwartet.»