Coronavirus: Wie geht zuhause bleiben ohne Zuhause?
Wegen des mutierten Coronavirus geht die Schweiz in den zweiten Lockdown. Aber nicht alle Menschen können sich zu Hause vor dem Virus schützen.
Das Wichtigste in Kürze
- Trotz der Corona-Pandemie steigt der Andrang auf die Übernachtungsstellen in Zürich nicht.
- Der «Pfuusbus» von Pfarrer Sieber ist wie üblich ausgebucht zurzeit.
- Besonders der Lockdown macht obdachlosen Menschen zu schaffen.
Ab dem heutigen Montag befindet sich die Schweiz im zweiten Lockdown. Für die Bevölkerung gilt erneut: zu Hause bleiben. Doch wie geht das ohne ein eigenes Dach über dem Kopf?
Im Lebensverhalten der Obdachlosen habe sich wenig verändert, sagt Walter von Arburg. Er ist Mediensprecher des Sozialwerk Pfarrer Sieber. «Diese Menschen haben viele Sorgen – das Coronavirus ist nur eine davon», erklärt von Arburg gegenüber Nau.ch.
Betten werden durch Plexiglasscheiben getrennt
Seine Betten seien ähnlich ausgelastet wie in den Vorjahren. Wie üblich im Winter, sei der «Pfuusbus» im Moment bis auf den letzten Platz ausgebucht. Die Hygiene-Massnahmen gegen das Coronavirus sorgen allerdings für Umstrukturierungen.
Wegen der nötigen Mindestabstände habe man ein zusätzliches Zelt aufstellen müssen. Die Anzahl Plätze sei aktuell – unter Einhaltung der Massnahmen – knapp unter dem normalen Stand, so von Arburg. «Die Betten werden durch Plexiglasscheiben getrennt», erklärt er weiter.
Die Übernachtung in einer der drei Anlaufstellen des Sozialwerkes Pfarrer Sieber ist kostenlos. «Darauf haben wir schon immer wert gelegt. Wir wollen Menschen, die sonst schon ums Überleben kämpfen, nicht noch unnötige Hürden aufstellen.» Im Pfuusbus kostet lediglich das Abendessen für die Gäste, die dort nicht übernachten, kostet zwei Franken.
Übernachtungen sind kostenlos
So ganz spurlos geht die Pandemie an den Obdachlosen allerdings nicht vorbei. Besonders jetzt, wenn die Gesellschaft Zuhause bleiben muss, mache sich die spezielle Situation bemerkbar. «Eine randständige Gruppe ist im Zentrum der Stadt und damit des gesellschaftlichen Lebens plötzlich ganz allein. Das ist eine absurde Situation, die Randständige irritiert und verunsichert»
Die Auswirkungen spüre man auch im «Pfuusbus». «Viele Gäste sind psychisch krank oder angeschlagen wegen der Situation mit dem Coronavirus», sagt von Arburg. Sie seien ohnehin verzweifelt, nun kämen Verunsicherung und weitere Probleme dazu.
Drogenabhängige Menschen erhielten nicht mehr genügend Bargeld, um ihren Bedarf zu stillen. «Ein Grossteil der Bevölkerung trägt kein Bargeld mehr auf sich, nur noch Kreditkarten. Darunter leiden die Bettelnden stark.»
Keine Angst vor Coronavirus
In der städtischen Notschlafstelle von Zürich fällt zurzeit der Betrag von 5 Franken für die Übernachtung weg. Bereits im ersten Lockdown sei dies der Fall gewesen. Dies erklärt Sarah Jost Sprecherin der Sozialen Einrichtungen und Betriebe auf Anfrage von Nau.ch.
Trotz des günstigeren Angebotes ist die Auslastung auch in der städtischen Übernachtungsstelle seit Monaten tief. «Das Angebot der Stadt Zürich für wohnungs- oder obdachlose Personen ist sehr breit. Und es gibt auch diverse Angebote privater Institutionen», erklärt Jost.
Sie glaubt, dass die Restaurant- und Ladenschliessungen die Obdachlosen am meisten treffen. Es entfielen die «Aufenthalts- und Aufwärmmöglichkeiten». Zudem fallen «sozial Desintegrierte bei weniger Passanten mehr auf», sagt Jost.