Die Welt arbeitet mit Hochdruck an Medikamenten gegen das Coronavirus. Doch die Schweizer Pharma-Riesen glänzen mit Abwesenheit – und das bewusst. Eine Analyse.
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Bei den beiden Schweizer Pharmriesen Roche und Novartis sinken die Kurse. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Novartis und Roche beteiligen sich nicht an der Entwicklung von Medikamenten gegen Corona.
  • Das Geschäft mit Infektionskrankheiten ist zu wenig beständig.
  • Dafür ist das Basler Pharmaunternehmen Lonza ganz vorne mit dabei.
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Gestern Dienstag rückte «Molecular Partners» ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Das kleine Pharmaunternehmen aus Zürich, ein Universitäts-Spinoff, will ein Corona-Therapeutikum entwickeln. Der Bund hat nun drei Millionen Dosen des Wirkstoffs vorbestellt.

Doch ob der grosse Corona-Durchbruch gelingt, ist noch unklar: Das Medikament befindet sich noch in der Vorphase zur klinischen Studie – andere Pharmaunternehmen sind dem 150-Mitarbeiter-Unternehmen Monate voraus.

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Martin Walser im Labor von Molecular Partners. Der Bund hat beim Zürcher Unternehmen über 3 Millionen Dosen des Wirkstoffs gegen das Coronavirus vorbestellt. - Keystone

Wer jetzt denkt, zu den «anderen Pharmaunternehmen» gehören die «Global Players» Roche und Novartis, liegt falsch. Die beiden Schweizer Pharma-Riesen, welche gemeinsam 200'000 Mitarbeiter weltweit haben, glänzen in Sachen Coronavirus primär mit Abwesenheit. Wie sich zeigt, ist das eine bewusste Entscheidung.

Novartis: Impfstoffe sind zu wenig lukrativ

Dass Novartis bei der Impfstoff-Entwicklung nun nicht mitmischt, war abzusehen: 2014 baute Novartis das Geschäft um, das Impfstoff-Sparte wurde an Konkurrent GlaxoSmithKline verkauft. Konzernchef Vas Narasimhan erklärte dies kürzlich der «Luzerner Zeitung»: «Das Impfstoffgeschäft erreichte nie die Grösse, um im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können.»

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Novartis-CEO Vas Narasimhan im vergangenen November. - Keystone

Anders gesagt: Das Impfstoff-Geschäft war zu wenig lukrativ. Viel Geld muss in die Entwicklung fliessen, ehe ein Impfstoff die Zulassung erhält. Ist der Impfstoff effizient, kann nur eine beschränkte Menge verkauft werden, ehe alle Menschen immunisiert sind.

Stattdessen investierte Novartis ins Krebsgeschäft. Im Gegensatz zu Medikamenten gegen Infektionskrankheiten sind Krebsmedikamente kaum Schwankungen in der Nachfrage unterworfen. Des Weiteren stehen Herz- und Autoimmun-Medikamente im Portfolio, die ebenfalls keinen infektionsbedingten Konjunkturschwankungen unterworfen sind. Das Geschäftsrisiko wird so gesenkt, was wiederum den Anlegern gefällt.

Roche: Auch ohne Medikament vom Coronavirus profitieren

Roche hat sich nie mit Impfstoffen beschäftigt, auch bei den Corona-Therapeutika mischt der Basler Pharma-Riese nicht mit. Das muss Roche auch nicht, um am Coronavirus mitzuverdienen: Roche liefert wichtige Labor-Utensilien, welche unter anderem für Corona-Tests benötigt wird. Auch die Tests fertigt Roche.

Dass massenhaft getestet wird, hat daher auch Roche geholfen: Die Verkäufe in diesem Bereich verzeichneten im ersten Halbjahr ein Plus von 61 Prozent zum Vorjahreszeitraum.

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Der zweite Roche-Turm spriesst aktuell aus dem Boden. Investitionen in die Coronavirus-Behandlung wären für den Pharma-Riesen ein riskantes Unterfangen. - Keystone

Novartis preist zumindest mit ein paar schicken Grafiken die eigenen Beiträge zur Corona-Forschung an: Das Unternehmen spendete Dosen des Sandoz-Generikums von Hydroxychloroquin und förderte verschiedene Projekte mit Beiträgen in Millionenhöhe.

Lonza: Corona-Forschung fördern und skalieren

Lonza ist ebenfalls ein Basler Pharmakonzern, mit «nur» 15'000 Mitarbeitern jedoch eine Nummer kleiner als Novartis und Roche. Als einziges Schweizer Unternehmen trägt es substantiell zu einem der grossen Medizin-Forschungsprojekte zum Coronavirus bei.

Auch ein Unternehmen wie Lonza will sich nicht an der Grundlagenforschung die Finger verbrennen. Das Unternehmen hat sich auf die Produktion und Prozessbegleitung von Wirkstoffen spezialisiert. Die Entwicklung völlig neuartiger Medikamente überlassen die Grossen den Wissenschafts-Spinoffs wie Molecular Partners oder Moderna: Es sind die kleinen Biotech-Unternehmen, die die neuesten Forschungsergebnisse in die Praxis umzusetzen versuchen.

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Das Lonza-Hochhaus kommt etwas bescheidener daher als bei der Konkurrenz. Doch als einziges grosses Schweizer Pharmaunternehmen mischt Lonza bei den grossen Corona-Projekten mit. - Keystone

Kleine Start-ups trauen sich eher an die riskanten Projekte. Zeigen sich diese, wie im Fall Moderna, vielversprechend, sind die kleineren dennoch auf die Pharmakonzerne angewiesen: Spätestens, wenn es nach der Zulassung um die Massenproduktion geht, können die kleinen den Aufwand nicht mehr stemmen. Auf diese Weise kam auch die Partnerschaft zwischen Moderna und Lonza zustande.

Es hat den Anschein, dass ein «kurzfristiges» Coronavirus nicht in die langfristig geplanten Produkt-Portfolios der Pharma-Riesen Roche und Novartis passt. Finanziell dürfte sich der Corona-Einsatz für die Grossunternehmen einfach nicht lohnen: Die grossräumig angelegten Strukturen der Riesen Roche und Novartis sind nicht für eine schnelle Reaktion auf aktuelle Bewegungen ausgelegt.

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