Dank Coronavirus den Traumjob ergattert

Alexandra Aregger
Alexandra Aregger

Bern,

Das Coronavirus hat in diesem Jahr so manches Leben durcheinander gewirbelt. Nicht nur zum Schlechten: Jochen Tempelmann (30) hat seinen Traumjob gefunden.

coronavirus
Redaktor Jochen Tempelmann: «Dank Corona habe ich Job und Wohnung gefunden». - ZVG

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Nau.ch-Corona-Serie teilen Menschen ihr Schicksal.
  • Redaktor Jochen Tempelmann (30) hat im Pandemie-Jahr seinen Traumjob gefunden.
  • Die Geschichte des arbeitslosen Studienabbrechers, der zum erfolgreichen Redaktor wurde.

Einen Satz, den man in diesem Jahr nur äusserst selten hört: «Das Coronavirus hat mein Leben drastisch verbessert.»

Jochen Tempelmann ist 30-jährig, wohnt in Bern und hat eine Vorliebe für Daten. Ein Excel-File mit Hunderten Corona-Fallzahlen, Inzidenzen und sondergleichen lassen sein Herz höher schlagen. Dieses Techtelmechtel hat dem gebürtigen Deutschen eine Festanstellung, eine neue Wohnung und eine ordentliche Prise Selbstbewusstsein verschafft.

Wir spulen zurück.

Vor acht Jahren zog der in der Ostschweiz Aufgewachsene nach Bern, um Geografie und Geschichte zu studieren. Als Student engagierte sich Tempelmann für die Studibewegung, schmiss Jahrespartys, «nur das mit dem Studieren hat nicht geklappt wie erhofft». Motivationsprobleme und fehlende Zukunftsperspektive schlugen auf die Psyche.

Tempelmann sagt: «Als es um die Bachelorarbeit ging, kam ich einfach nicht mehr vom Fleck.» In der Folge besuchte er eine Psychiaterin, begab sich in eine Therapie, doch das alles fruchtete nicht. Im Frühling 2019 entschied sich der Ostschweizer, das Studium abzubrechen. «Das war echt ein Tiefschlag, schliesslich war ich sieben Jahre an meinem Bachelor dran und stand ohne Abschluss da!»

Es war die Notbremse, «um nicht tiefer in die Depressionen zu fallen». Der damals 29-Jährige schrieb ein, zwei Artikel für die Studizeitung. Getraute sich aber nicht, sich für eine Stelle im Journalismus zu bewerben.

Dann kam Nau.ch.

Von «nerdigen Planetenartikeln» zum zitierten Journalisten

Jochen Tempelmann bewarb sich für ein Praktikum im Digital-Ressort – und bekam die Zusage kurz vor Weihnachten. «Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen, endlich konnte ich die Last der Arbeitslosigkeit abwerfen!»

Dann gings nur noch aufwärts: Im Januar 2020 trat er die Stelle an. Nach kurzer Zeit stach Tempelmann der Chefredaktion ins Auge, mit «nerdigen Planetenartikeln», lacht der 30-Jährige.

Die grosse Kehrtwende kam im März. An einem Sonntag erhielt Tempelmann einen Anruf von Chefredaktor Micha Zbinden. «Jochen, wir wollen einen Artikel über Rekonvaleszenten-Plasma, das wär doch was für dich?» Dabei handelt es sich um eine Antikörper-Therapie, die zum grossen Thema im Kampf gegen das Coronavirus wurde.

Coronavirus
Amerikanische Forscher schlugen im März eine Behandlung von Patienten mit dem Coronavirus mit Rekonvaleszenten-Plasma vor. Mit Hilfe einer Oberärztin gelang es Tempelmann, die komplexe Therapie auf verständliche Art und Weise zu erkären. - Nau.ch

Der Artikel war ein Kracher: Er landete auf dem besten Platz der Seite und wurde gar vom renommierten «Stern» zitiert. Spätestens zu diesem Zeitpunkt, mitten im Schweizer Lockdown, wurde klar, dass Tempelmann ein Talent ist.

Die Berufung im Jahr des Coronavirus gefunden

Wissenschafts-Artikel wurden zu seinem Kerngebiet. Gespickt mit eigens erstellen Grafiken, für welche sich der Redaktor selber das Auswerten von Excel-Tabellen beibrachte.

Coronavirus Tempelmann
Analysen von Corona-Daten und Gespräche mit Chefärzten und Virologen gehören nun zu Tempelmanns Alltag. - Nau.ch

Tempelmann wechselte in das Ressort News und schrieb täglich über die neusten Hoffnungen und Tiefschläge im Kampf gegen das Coronavirus. Infolge einer Lohnerhöhung konnte sich der 30-Jährige sogar eine neue WG suchen. Ab 2021 hat er seine erste Festanstellung.

Viel wichtiger ist für Tempelmann aber: «Ich habe wieder einen Beruf - oder eine Berufung.» Die Anerkennung «tut der psychischen Gesundheit enorm gut, meine Depressionen sind so gut wie weg».

Gerade im vom Coronavirus geprägten Jahr 2020, von Einsamkeit und fehlendem Ausgleich geprägt, «will ich nicht wissen, was ohne Nau.ch mit mir passiert wäre».

Jochen Tempelmann
Jochen Tempelmann, Redaktor News. - Nau.ch

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