2022 meldeten sich die 15- bis 24-Jährigen erstmals öfter krank als die 55- bis 64-Jährigen. Ein Grund: Die vielen weltweiten Krisen.
Eine Frau sitzt erschöpft an ihrem Arbeitsplatz.
Eine Frau sitzt erschöpft an ihrem Arbeitsplatz. - picture alliance / dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Krankheitsausfälle bei 15- bis 24-Jährigen haben in den letzten Jahren zugenommen.
  • Laut Pro Juventute zeigen Studien, dass die Jungen psychisch stark belastet seien.
  • Der Kaufmännische Verband beobachtet, dass ihnen die Zukunft «Ängste und Sorgen» bereitet.
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9,3 Tage oder fast zwei Arbeitswochen fehlten Vollzeitarbeitende im vergangenen Jahr wegen Krankheit und Unfall.

Verglichen mit den Pandemiejahren 2020 und 2021 ist das ein Anstieg von 20 Prozent. Im Vergleich mit der Vor-Pandemiezeit beträgt der Anstieg sogar 34 Prozent, wie Daten des Bundesamtes für Statistik BFS zeigen.

Was auffällt: Vor allem Junge melden sich vermehrt krank. Letztes Jahr fehlten plötzlich die 15- bis 24-Jährigen erstmals mehr als die 55- bis 64-Jährigen. Doch was steckt dahinter?

Junge leiden unter Ängsten und Depressionen

Die Gründe dafür sind laut der «Sonntagszeitung» vielfältig. So könnte sich etwa das Verhalten der Menschen seit Corona verändert haben. Die einen oder anderen scheinen bei Husten oder Halsweh also schneller zu Hause zu bleiben.

Doch hinter den Ausfällen steckt laut Anja Meier von der Jugendstiftung Pro Juventute viel mehr, wie sie bei Nau.ch erklärt: «Studien und Erfahrungen aus Beratungsangeboten zeigen, dass diese junge Generation psychisch stark belastet ist.» Deshalb überraschten sie diese Zahlen nicht.

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Die 15- bis 24-Jährigen verzeichneten 2022 mehr Krankheitsausfälle als ältere Arbeitnehmende. (Symbolbild)
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Laut Pro Juventute würden Studien und Erfahrungen aus Beratungsangeboten zeigen, dass diese junge Generation psychisch stark belastet sei.
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Derzeit würden sich viele Krisen überlappen: So etwa die Klima-Krise, die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg. (Symbolbild)
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Das treffe Jugendliche in einer besonders verletzlichen Phase. (Symbolbild)
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Laut Kaufmännischem Verband Schweiz seien auch die soziale Isolation durch Remote-Tätigkeiten und Personalabbau Ursachen für Stress. (Symbolbild)

Jugendliche würden heute zwar offener mit psychische Problemen umgehen. Doch damit lasse sich nur ein Bruchteil der gestiegenen Zahlen erklären. Vielmehr könne die aktuelle Notlage auf die «Multikrise» zurückgeführt werden.

«Die Welt ist unsicherer geworden», so Meier. «Ob Covid-19, der allgegenwärtige Klimawandel oder der Krieg in der Ukraine. Viele Krisen überlappen sich und treffen Kinder und Jugendliche in einer besonders verletzlichen Lebensphase.» Besonders verstärkt hätten sich daher auch Ängste, Depressionen und sogar Suizidgedanken.

Junge hadern mit Berufseinstieg

Der Einstieg in die Berufswelt stelle einen Umbruch im Leben der jungen Menschen dar. Eine starke psychische Belastung und fehlende Ressourcen bei der Alltagsbewältigung können zu Arbeitsausfällen führen, so Meier.

Ein ähnliches Bild zeichnet der Kaufmännische Verband: Er befragte 2021 Lehrabgängerinnen und -abgänger zu ihrer Stellenmarktsituation und ihrer psychischen Gesundheit.

Dabei «gaben rund ein Drittel an, dass ihnen die Zukunft Ängste und Sorgen bereitet», sagt Sprecher Dominic Karrer.

Sind Sie oft krank?

Manche würden um ihre berufliche Zukunft, ihre Arbeitsstelle oder um Weiterbildungen bangen. Andere fühlten sich überfordert und gestresst.

«Gerade bei Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern ist der soziale Kontakt und die Lernmöglichkeit im Betrieb enorm wichtig», so Karrer weiter. «Ansonsten stossen sie schnell an ihre Grenzen. Die Remote-Betreuung von Lernenden ist sehr anspruchsvoll und wir haben gerade erst damit begonnen, die Ausbildung entsprechend anzupassen.»

Ein weiterer Auslöser für Druck und Stress könnten auch die ständigen Kosteneinsparungen bei den Personalressourcen sein. «Immer weniger Menschen arbeiten immer mehr und müssen immer produktiver sein. Das kann Stress auslösen und infolgedessen zu mehr Absenzen, Krankheitsausfällen und Burn-Outs führen», so Karrer.

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Brauchen Sie Hilfe?

Sind Sie selbst depressiv oder haben Sie Suizidgedanken? Dann kontaktieren Sie bitte umgehend die Dargebotene Hand (www.143.ch).

Unter der kostenlosen Hotline 143 erhalten Sie anonym und rund um die Uhr Hilfe. Die Berater können Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Auch eine Kontaktaufnahme über einen Einzelchat oder anonyme Beratung via E-Mail ist möglich.

Für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern bietet Pro Juventute mit 147 ebenfalls kostenlose, anonyme und vertrauliche Beratungen an – via Telefon, SMS, Chat, oder Mail. (www.147.ch)

Hilfe für Suizidbetroffene: www.trauernetz.ch

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